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Im heutigen Work & Family Interview habe ich wieder einen Vater zu Gast. Er heißt, Birk, ist Journalist und Vater eines Sohnes. In unserem Austausch erzählt er mir, dass seine Frau Vollzeit tätig ist und er als freier Journalist seinen früheren Arbeitszeitumfang reduziert hat. Für Birk ist es ganz selbstverständlich, dass auch er Care-Aufgaben übernimmt und das „auf Augenhöhe“. Seine Forderungen für mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf lauten unter anderem: eine familienfreundlichere Wirtschaft und mehr Anreize für gleichberechtigte Elternzeit.

1. Erzähl doch mal, wer seid Ihr und wie viele?

Ich bin Birk, arbeite als freier Bildungsjournalist und lebe mit Frau und Sohn in der schönen Nordheide.

2. Wie war Eure berufliche Situation denn bevor Euer Kind auf die Welt gekommen ist? Was hat sich seitdem verändert?

Vor der Geburt meines Sohnes habe ich in einer PR-Agentur als Redakteur gearbeitet und meine Frau war Lehrerin an einer Schule. Sie war nach der Geburt 12 Monate in Elternzeit und ich drei. Außerdem habe ich nach der Geburt meine Stunden in der Agentur reduziert und parallel wieder als freier Autor gearbeitet. Einerseits aus Sehnsucht nach dem Journalismus, anderseits um mehr Zeit mit dem Kind zu haben. Zwischenzeitlich lebten wir ein sehr klassisches Modell aus Frau in Teilzeit und ich in flexibler Vollzeit – erst in der Agentur, danach in einem Verlag. Vor einem Jahr haben wir dann die Rollen getauscht. Seither ist meine Frau Schulbuchredakteurin in Vollzeit und ich wieder freier Journalist. Ich arbeite ungefähr 30-35 Stunden pro Woche.

3. Würdest Du sagen, dass es in der Freiberuflichkeit leichter ist, den Alltag aus Beruf und Familie Job unter einen Hut zu bekommen als in der Festanstellung? Oder ist es Deiner Meinung nach einfach anders?

Darauf gibt es keine pauschale Antwort. In unserem Fall stimmt das auch jeden Fall. Ich schreibe als Journalist vor allem über Schul- und Kitathemen und habe meine Termine oft am Vormittag. Und im Moment schreibe ich mein erstes Buch – auch vormittags. In dieser Zeit ist mein Sohn in der Kita. Gleichzeitig spare ich durch das Homeoffice unnötige Wege und kann entsprechend intensiv arbeiten. Eine Teilzeit in einer Redaktion wäre deutlich schlechter bezahlt und schwieriger planbar. Und eine Anstellung in Vollzeit würde in meiner Branche eher 50 Stunden + X bedeuten, inklusive Pendeln. Das heißt, durch meine Freiberuflichkeit und meine Flexibilität ist für uns Vereinbarkeit leichter. Damit sind wir aber auch ziemlich privilegiert. Auch meine Frau kann viel Homeoffice machen und im Zweifel flexibel arbeiten.

4. Wie bringst Du Dich als Vater in die Carearbeit mit ein? Was sind Deine Aufgaben und Verantwortlichkeiten? Habt ihr da klare Regelungen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf aussieht?

Meine „wichtigste“ Aufgabe ist die Kita. Ich bringe mein Kind morgens hin und hole es nachmittags wieder ab. Außerdem kümmere ich mich um Wechselsachen, Gummistiefel, etc.. Auch Arzttermine oder sowas fällt oft in meinen Arbeitsbereich, weil ich einfach flexibler arbeiten kann. Sonst haben wir im Haushalt natürlich auch Aufgaben-Gebiete: ich koche eher und kümmere mich um den Einkauf. Meine Frau kümmert sich um Wäsche und Bäder. Aber das ist auch nicht ganz in Stein gemeißelt. Ich denke, wir haben aber eine ganz gute 50:50 Routine.

5. Wie erlebst Du die persönlich gerade das Bild des Vaters in unserer Gesellschaft? Ist da aus Deiner Sicht gerade ein Wandel im Gange und wie empfindest Du diesen?

Ja und Nein. Ich erlebe viele engagierte Väter, manche auch in Teilzeit oder sehr präsent. Aber das sind oft Väter aus meiner Filterblase. Der Blick über den Tellerrand hinweg ist leider nicht so erbaulich. Ich glaube, es gibt noch viel nachzuholen. Und das hat ja auch die Corona-Zeit gezeigt. Wir Männer müssen Familie einfach noch stärker als Teamwork begreifen und uns stärker einbringen – und das auf Augenhöhe, aktiver Part und nicht nur „ausführende Hand“ auf Befehl der Frau. Nur wenn wir selbstständig Aufgaben übernehmen, können wir Probleme wie Mental Load bekämpfen und Vereinbarkeit besser meistern.

6. Räumt Ihr Euch als Eltern auch regelmäßig Zeit für Eure persönlichen Bedürfnisse ein? Und wenn ja, wie gelingt Euch das?

Ich habe das Gefühl, die persönliche Zeit klappt seit der Öffnung der Kita wieder zunehmend besser. Gerade durch das gemeinsame Homeoffice haben wir mehr Momente, in denen wir uns austauschen können. Auch abends nehmen wir uns bewusster Zeit als Paar. Und im Alltag streuen wir immer Momente ein, in denen jeder von uns mal Zeit für eine Badewanne oder ein Hobby hat. Natürlich geht es immer mehr und besser. Aber wir sind auf einem guten Weg – gerade, im Vergleich zur ersten Zeit mit Baby.

7. Solange alles läuft wie vorgesehen ist alles gut. Doch was passiert, wenn ein unvorhergesehenes Ereignis eintritt (Krankheitsfall etc.). Gibt es dafür ein Notfallnetzwerk?

Da ist ein wunder Punkt. Um dieses Netzwerk haben wir uns in den letzten Jahren viel zu wenig gekümmert. Wir haben ein paar Verwandte in der Nähe. Die Entlastung durch sie ist allerdings begrenzt – durch Alter oder auch die eigene Berufstätigkeit. Wir müssten tatsächlich noch stärker um eine Hilfesystem kümmern.

 8. Was würdest Du sagen ist aktuell die größte Herausforderung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Die größte Herausforderung war ohne Frage die Corona-Zeit ohne Kita und der Spagat aus Job, Haushalt und Kinderbetreuung. Wir haben in Schichten gearbeitet, oft früh morgens und spät abends. Dadurch hatten wir ganz wenig Zeit für uns und einander. Auch mein Sohn hat die Kita sehr vermisst. Diese Zeit war echt eine große Herausforderung. Zum Glück kehren wir langsam zurück in unsere Routinen und in unseren Alltag.

 9. Womit hast Du so gar nicht gerechnet bevor Du Vater geworden bist?

Mit Anfang 30 hatte ich das Gefühl, zu wissen wie der Hase läuft – jedenfalls so ungefähr. Ich war von Zuhause ausgezogen, hatte lange Zeit an der Uni verbracht, den Jobeinstieg geschafft, mich um die Altersversorge gekümmert, ein paar Länder bereist, schon mal ein Zimmer tapeziert. Doch dann wurde ich Vater – nicht unerwartet, aber unvorbereitet. Klar, hatten wir genug Strampler und Bodies gekauft, ein Wickelzimmer eingerichtet und Windeln im Haus. Wir waren auch bei einem Geburtsvorbereitungskurs. Doch auf die Wochen und Monate danach bereitet das alles nicht vor. Genauso wenig wie all Erziehungsratgeber, Elternblogs oder Ratschläge von anderen Eltern. Bei den ersten Windelwechsel und Anziehen habe ich Blut und Wasser geschwitzt. Wenn mein Sohn in den ersten Wochen zu lange ruhig schlief, machten wir aus Sorge vor dem Plötzlichen Kindstod kaum ein Auge zu. Natürlich legt sich die erste Aufregung und Unsicherheit irgendwann. Windeln wechseln wird zur Routine, genau wie das Anziehen, Baden oder Ausflüge mit dem Kinderwagen. Doch immer, wenn sich ein Hauch von Routine eingestellt hat, kommt die nächste Überraschung um die Ecke. Luft im Bauch, Wachstumsphase mit minütlich-wechselnden Stimmungen, die ersten Zähne, Beikost-Start, erste Schritte, die Autonomiephase mit all den starken Emotionen. Jedes Mal fühlte ich mich ein wenig hilflos, jedes Mal half die Lebenserfahrung aus kinderlosen Tagen. Elternschaft ist ein ständiger Blindflug, ein Job mit immenser Verantwortung, für den es keine Ausbildung gibt, einer, bei dem man abends froh ist, nicht zu viele Fehler, nicht zu viel kaputt gemacht zu haben.

10. Wenn Du einen Wunsch frei hättest, was müsste sich ändern, um die Vereinsarbeit von Familie und Beruf noch besser hinzubekommen?

Im Moment bin ich wunschlos glücklich – jedenfalls im Privaten. Natürlich gibt es viele Dinge, die ich anders wünschen würde. Besser Betreuungsqualität, bessere Arbeitsbedingungen für Erzieher*innen, Abschaffung vom Ehegattensplitting, eine familienfreundlichere Wirtschaft, mehr Anreize für gleichberechtigte Elternzeit, eine ernsthafte Bekämpfung der Gender Pay Gap.

 


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Photocredit: Birk

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