Eltern von heute stehen unter einem enormen Druck. Väter und Mütter sehen sich dabei verschiedenen gesellschaftlichen Erwartungen ausgesetzt. Diese Erwartungen fördern das schlechte Gewissen und es stellt sich die Frage, wie gehe ich mit meinem schlechten Gewissen eigentlich um.
Beide Elternteile leiden unter dem schlechten Gewissen
Von den Vätern wird erwartet bzw. sie erwarten es auch von sich selber, dass sie die Familie ernähren können, was meist noch in finanzieller Form gemessen wird. Darüber heißt es in einem Dossier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dass von Vätern erwartet wird, sich schon frühzeitig um den Nachwuchs kümmern, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und berufliche Pläne der Partnerin zu unterstützen, indem Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der Organisation des Familienalltags übernommen werden.
Auch die Mütter stehen unter einem besonderem Druck. Bleiben Sie zulange zu Hause sind sie die Heimchen am Herd. Fangen sie zu früh nach der Geburt der Kinder wieder an zu arbeiten, werden sie teilweise als Rabenmütter tituliert. Sie sollen hingebungsvolle Mütter sein. Gleichzeitig beruflich erfolgreich und attraktiv sein und den Haushalt im Griff haben und ach ja, das alles bei guter Laune und mit Leichtigkeit meistern.
Eltern dürfen nachsichtig mit sich selber sein
Bei all diesen Anforderungen immer geduldig zu sein und zu bleiben ist ein Ding der Unmöglichkeit. Und wenn wir dann als Eltern mal wieder zu unrecht geschimpft haben. Oder weil wir dem Partner gegenüber unfaire Worte haben fallen lassen, weil wir uns einfach völlig überfordert gefühlt haben, dann ist es da, das schlechte Gewissen.
Denn eigentlich wollen wir als Eltern ja alles richtig machen gerade und vor allem im Umgang mit unseren Kindern. In jedem guten Ratgeber steht schließlich, worauf wir im Umgang mit unseren Kindern unbedingt achten sollten.
Das schlechte Gewissen kann uns regelrecht manipulieren
Wir Eltern lassen uns durch die Gesellschaft im Allgemeinen und spezielle Ratschläge von Pädagogen, Eltern, Verwandten oder Freunden immer wieder unter Druck setzen, fordern von uns Höchstleistung in beruflicher Hinsicht oder setzen uns zu hohe pädagogische Ziele. Und wenn wir diese nicht erreichen und scheitern macht sich sofort das schlechte Gewissen breit und wir fühlen uns schuldig, weil wir … zum Sommerfest nur Brezen statt eines selbstgebackenen Kuchens mitgebracht haben. Die Kinder mal viel länger vor dem Fernseher geparkt haben als geplant. Unser Kind grundlos angemotzt haben, als wir müde aus dem Büro gekommen sind. Sich die Wäscheberge mal wieder türmen. ToDos im Job nicht zu Ende gebracht haben, um rechtzeitig in der Kita zu sein. Zu wenig Zeit mit dem Partner verbracht oder mal wieder keinen Sport gemacht haben. Darunter leidet wiederum der eigene Selbstwert und wir haben das Gefühl versagt zu haben.
Dieses Gefühl ist allerdings ein schlechter Ratgeber, denn dadurch fangen wir als Eltern an, unsere Fähigkeiten und Kompetenzen in Frage zu stellen. Wir erachten unsere Leistungen als schlechter – sowohl im beruflichen oder im familiären Kontext – weil wir denken, keinem der Bereiche in vollem Umfang gerecht werden zu können.
Die Folge ist, das wir durch dieses schlechte Gewissen geradezu manipuliert werden und erst recht alles richtig machen wollen und damit fangen wir an, noch mehr zu geben.
Sei es indem wir unseren Kindern vielleicht mehr erlauben als wir eigentlich wollen. Sie mit großen Geschenken verwöhnen oder in einen Perfektionismus verfallen, der in Aufopferung und völlige Selbstaufgabe mündet.
6 Tipps für den Umgang mit dem schlechten Gewissen
Die Frage ist nun: Was können wir gegen dieses schlechte Gewissen tun? Und meine Antwort darauf sind die folgenden Hilfestellungen.
- Versuche zu ergründen woher dieser Gedanke kommt eine Sache auf eine bestimmte Art erfüllen zu müssen? Sind das z.B. noch Vorstellungen und Erwartungen Deiner eigenen Eltern, denen Du da entsprechen möchtest? Und wenn ja, kannst Du diese relativieren oder ganz loslassen?
- Werde Dir darüber bewusst in welchen Situationen du ein schlechtes Gewissen hast und dann Frage Dich: Welchen Anspruch an mich selber erfülle ich da eigentlich gerade nicht? Und frage Dich weiter, ist dieser Anspruch überhaupt realistisch oder verlange ich gerade viel zu viel von mir?
- Denke in Worst Case Szenarien: Was passiert im schlimmsten Fall, wenn Du deinen eigenen Ansprüchen nicht jedes Mal gerecht wirst?
- Frage Dich, ob Du 5 Tagen, 5 Monaten und 5 Jahren überhaupt noch darüber nachdenken wirst, diese eine Sache für die Du Dich gerade verurteilst nicht erfüllt zu haben? Aus der Retrospektive betrachtet werden sie meist oft recht nichtig?
- Nimm Dir immer wieder Zeit, Dir bewusst zu machen, was alles gut in Deinem Alltag aus Familie und Beruf läuft. Neben den Dingen, die Dir vielleicht misslingen, gibt es sicherlich viel, viel mehr Dinge, die Dir gelingen und diese kleinen wie großen Erfolge sollten wir uns regelmäßig bewusst machen.
- Sei ehrlich zu Dir und Deinem Umfeld. Es ist in Ordnung, dass Du Dich auch mal müde oder überfordert zu fühlen. Sei authentisch und sprich Deine Befindlichkeiten aus, damit lebst Du auch Deinen Kindern vor, auf sich und die eigenen Bedürfnisse zu achten.
Ich hoffe, dass Dir diese Tipps im Umgang mit Deinem schlechten Gewissen geholfen haben. Solltest Du noch weitergehende Unterstützung brauchen, weil Dich dieses Thema stark beschäftigt und Du nicht weißt, wie Du damit umgehen sollst, dann schreibe mich gerne an.
Photocredit: Caleb Woods I unsplash