Was viele vielleicht nicht wissen, in Deutschland sind laut Pflegestatistik rund 5 Millionen Personen pflegebedürftig. Da nicht alle Personen davon in Pflegeheimen leben, heißt das, es viele pflegende Angehörige gibt, die neben der Berufstätigkeit auch Pflegeverantwortung übernehmen. Mit dem demographischen Wandel wird diese Zahl stetig steigen, da die Bevölkerung zunehmend altert und immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sein werden. Bis 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen nach Schätzungen des Wissenschaftliche Institut der PKV auf rund 6 Millionen Personen anwachsen.
Für Unternehmen bedeutet das: Eine wachsende Zahl der Mitarbeitenden wird auch Pflegeaufgaben übernehmen müssen. Versäumen es Arbeitgeber sich auf diese Herausforderungen vorzubereiten, können langfristig Probleme wie höhere Fehlzeiten, sinkende Produktivität und eine stärkere Fluktuation unter der Belegschaft entstehen. Unternehmen, die proaktiv handeln, sichern damit auch die eigene Zukunftsfähigkeit.
Die Frage, die sich nun stellt ist, was können Arbeitgeber konkret tun?
1. Flexible Arbeitszeitmodelle schaffen
Zeitliche Flexibilität ist einer der wichtigsten Faktoren für pflegende Mitarbeitende. Pflegeaufgaben sind oft unvorhersehbar und können zu kurzfristigen Änderungen im Tagesablauf führen. Gemäß einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wenden pflegende Angehörige durchschnittlich 20 Stunden wöchentlich für die Betreuung ihrer Angehörigen auf. Das wiederum entspricht einer halben Arbeitswoche.
2. Unterstützungsangebote rund um Pflege etablieren
Sich im Dschungel der Pflege zurecht zu finden kann gerade am Anfang sehr herausfordernd sein. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Pflegende Angehörige sehen sich oft mit bürokratischen Hürden und komplexen Entscheidungen konfrontiert. Egal ob es sich um die Beantragung von Pflegeleistungen, die Suche nach Pflegediensten oder die Organisation des Pflegealltags handelt. Hier können Arbeitgeber unterstützen, indem sie entsprechende Beratungsmöglichkeiten anbieten. Gleichzeitig ist Pflege nicht nur zeitlich belastend, sondern auch häufig mit hohen Kosten verbunden. An dieser Stelle können Unternehmen bspw. durch Zuschüsse oder besondere Leistungen finanziell entlasten. Ein weiterer Ansatzpunkt ist es, Räume für Austausch schaffen, die Mitarbeitende emotional entlasten und das Gemeinschaftsgefühl stärken.
3. Individualität und Austausch sind gefragt
Häufig scheuen sich Mitarbeitende noch, ihre Pflegeverantwortung gegenüber Vorgesetzten anzusprechen, denn die Bedenken vor Stigmatisierung oder beruflichen Nachteilen sind groß. Aus diesem Grund ist es ratsam, dass Führungskräfte eine offene Kommunikationskultur fördern und das Thema aktiv ansprechen. Hilfreich ist auch zu signalisieren, dass es individuelle Lösungen gibt, die gemeinsam gefunden werden können, da jede Pflegesituation anders ist. Daher sollten gerade Führungskräfte für das Thema Pflege sensibilisiert und im Rahmen von Workshops geschult werden, um bei Bedarf lösungsorientiert zu handeln. Denn Sie sind die Schlüsselpersonen, wenn es darum geht, pflegende Mitarbeitende zu entlasten.
Ein Engagement beim Thema Pflege lohnt sich für Unternehmen
Werden pflegende Mitarbeitende unterstützt wirkt sich das in vielerlei Hinsicht positiv aus:
- Loyalität wird gesteigert: Beschäftigte, die sich in ihrer aktuellen Lebenssituation gesehen fühlen bleiben dem Unternehmen länger treu.
- Fehlzeiten werden reduziert: Überlastete Mitarbeitende fehlen seltener, wenn sie unterstützt werden.
- Employer Branding: Unternehmen, die auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden eingehen, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber und sind damit auch für neue Mitarbeitende interessant.
In einer alternden Gesellschaft wird die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege immer wichtiger. Unternehmen, die frühzeitig handeln, gestalten nicht nur eine menschlichere Arbeitswelt, sondern sichern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft.
Photocredit: Jake Finnigan I unsplash