Beruf & Familie

Wenn Frauen zu „One Mother Show“ werden

Kinder zu erziehen ist ein Fulltime-Job. Kinder und Job ist damit eine Doppelschicht. Haushalt, Schule, Kochen, Trösten, Termine koordinieren, Familienleben organisieren, dabei noch ein Job in Teil- oder Vollzeit – willkommen zur „One Mother Show“.

Was nach Superheldinnen Kräften klingt, ist in Wirklichkeit ein Erschöpfungsprogramm mit Ansage. Denn wenn Frauen alles allein stemmen, hat das nicht nur Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden, sondern oft auch die Beziehungen, die Familie und ihre eigene Lebensqualität.

Muttersein ist Liebe, Fürsorge, Verantwortung und gleichzeitig auch fordernde Arbeit. Wenn Frauen heute Kinder großziehen, ist es oft nicht nur die klassische Care-Arbeit, die sie leisten. Es ist Projektmanagement, emotionale Stütze, pädagogische Leitung, Küchenchefin, Mental Load-Trägerin, Haushaltsexpertin. Und das oftmals ohne Auszeiten,  ohne Applaus, ohne Gehalt,

In vielen Haushalten gleicht das Muttersein einer „One Mother Show“. Doch dieser Dauer-Einsatz bleibt nicht ohne Folgen.

1. Mentale Überlastung & Burnout

Wenn Mütter über Jahre hinweg Tag für Tag funktionieren müssen, ohne Zeit für sich selbst zu haben, geraten sie früher oder später an ihre psychische Belastungsgrenze. Dauerstress kann zur Erschöpfung führen – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Symptome wie ständige Müdigkeit, Gereiztheit, Konzentrationsschwierigkeiten, das Gefühl von Leere oder Überforderung sind Warnzeichen für einen drohenden Burnout. Viele Mütter erkennen sie erst, wenn sie schon tief drinstecken.

2. Rollenfalle & Selbstverlust

Viele Mütter definieren sich nach einer Weile fast ausschließlich über ihre Mutterrolle – sie „vergessen“ dabei sich selbst. Eigene Träume, Hobbys, berufliche Wünsche oder soziale Kontakte geraten ins Abseits.  Es entsteht das Gefühl, nur noch „funktionierende Hülle“ zu sein. Die Frau, die sie einmal waren, scheint verloren. Identitätskrisen, Isolation oder depressive Phasen sind nicht selten die Folge. Daher sollten sich Mütter viel häufiger die Frage stellen: „Wer bin ich eigentlich noch außer Mutter?“

3. Ungleichverteilung in der Partnerschaft

Auch in modernen Familien bleibt der Großteil der Care-Arbeit größtenteils immer noch an der Mutter hängen, auch dann, wenn  Elternteile einer Erwerbsarbeit nachgehen. Männer „helfen“mit, doch die volle Verantwortung liegt meist noch bei den Frauen.
Das führt zu Frust, Groll und einem inneren Gefühl von Ungerechtigkeit. Bei vielen Müttern entsteht das Gefühl, dass ihre Arbeit nicht gewürdigt wird. Das wiederum kann emotionale Distanz in der Beziehung schaffen.

4. Fehlende gesellschaftliche Anerkennung

Während Erwerbsarbeit gesellschaftlich anerkannt und bezahlt wird, bleibt Fürsorgearbeit oft unsichtbar und hat keinen monetären Gegenwert. Wer zu Hause bleibt oder Teilzeit arbeitet, wird oft als „nicht richtig berufstätig“ abgestempelt. Das Gefühl, „nicht genug zu sein“, nagt am Selbstwert. Viele Mütter haben das Gefühl, sich ständig rechtfertigen zu müssen. Und das, obwohl sie ständig in charge sind.

Wie können Wege aussehen, um raus der der One Mother Show zu kommen?

1. Unsichtbare Arbeit sichtbar machen

Dem Umfeld klar machen, was eigentlich täglich an Aufgaben anfällt. Aufschreiben, wer was übernimmt.  Nur wenn Arbeit sichtbar wird, kann echte Entlastung eingefordert werden. Es ist nicht selbstverständlich, sondern wertvoll – und darf entsprechend anerkannt und geteilt werden.

2. Aufgaben partnerschaftlich (neu) verteilen

Elternschaft bedeutet Teamarbeit und das auch im Alltag. Das bedeutet, der Partner „hilft“ nicht, sondern übernimmt Verantwortung für die gemeinsamen Kinder und den gemeinsamen Alltag. Ein gemeinsamer Wochenplan mit klaren Zuständigkeiten kann helfen, blinde Flecken aufzudecken und Gerechtigkeit herzustellen.

3. Grenzen setzen & Nein sagen

Nicht jede WhatsApp-Elternanfrage braucht sofort eine Antwort. Nicht jedes Sommerfest muss mit aufwändigen Essensbeiträgen von dir bestückt werden. „Nein“ ist ein vollständiger Satz. Wer Grenzen setzt, schützt seine Kräfte und es wird deutlich: Ich bin nicht unendlich belastbar, was völlig okay ist.

4. Unterstützung annehmen und das ohne schlechtes Gewissen

Vielen Menschen fällt es schwer, Hilfe anzunehmen. Häufig steckt die Scham oder Angst dahinter als schwach oder „nicht gut genug“ zu gelten. Doch, sich Hilfe zu holen ist kein Zeichen von Scheitern. Wir müssen nicht alles alleine schaffen.

5. Eigene Räume schaffen und halten

Ein Abend pro Woche nur für sich selbst. Eine Stunde täglich ohne Verantwortung. Ein Kreativkurs, ein Spaziergang, ein Hobby. Zeit, in der man keine Mutter, keine Organisatorin, keine Problemlöserin bist. Selbstfürsorge ist keine Kür, sondern Pflicht, um die eigenen Batterien regelmäßig aufzuladen und kraftvoll für andere da zu sein.

6. Politisch laut werden und Strukturen verändern

Die beste persönliche Strategie nützt nichts, wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht stimmen. Es braucht mehr als gute Ratschläge: Was Eltern wirklich brauchen, ist strukturelle Unterstützung und dafür können wir uns als Eltern stark machen und bei politischen Vertretern und Vertreterinnen aufmerksam machen auf, dass wir u.a. folgendes brauchen, um Vereinbarkeit gelingend zu gestalten:

  • bezahlbare und verlässliche Kinderbetreuung

  • flexible, familienfreundliche Arbeitsmodelle

  • Lohngerechtigkeit

  • Entlastung im Steuer- und Sozialsystem

  • und vor allem: gesellschaftliche Wertschätzung für Sorgearbeit

Mütter brauchen kein Mitleid, sondern Anerkennung, gerechte Aufgabenverteilung und echte Entlastung. Es ist Zeit, dass wir aufhören, sie zu Heldinnen zu stilisieren – und stattdessen anfangen, sie wahrhaft zu unterstützen.  Denn Fürsorge ist keine Einzelleistung, keine One Mother Show. Sie ist gemeinsame Verantwortung – von Familie, Gesellschaft und Politik.

Fotocredit: unsplash I Tanaphong Toochinda

Vorheriger Beitrag
Doppelbelastung Beruf & Pflege: So unterstützen Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden
Es wurden keine Ergebnisse gefunden.
error: Content is protected !!