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Carework braucht faire Aufteilung

Carework – ein Begriff, der immer präsenter wird – egal ob in den Medien oder  in Gesprächen. Doch wofür steht dieser Begriff eigentlich?

Carework bezeichnet die Sorge- und Gefühlsarbeit im Alltag. Soweit so gut. Was sich zunächst sehr unkompliziert anhört, wird bei näherem Hinsehen allerdings etwas sehr umfangreiches. Denn führt „man“ sich mal vor Augen was die Sorge- und Gefühlsarbeit eigentlich alles umfasst, dann kann es schnell die Ausmaße eines 60 Stunden-Jobs annehmen. Wie dieser Auszug an Aufgaben der Sorgearbeit zeigt:

  • Wäsche waschen, bügeln & putzen,
  • Kinder am Nachmittag betreuen,
  • einkaufen & kochen,
  • Kinderarztbesuche ausmachen,
  • Gefühlsausbrüche begleiten,
  • Fahrten zu Musikkursen oder Sportvereinen oder anderen Freizeitaktivitäten organisieren,
  • Kinder bei den Hausaufgaben unterstützen,
  • Wunden versorgen & Tränen trocknen
  • schlaflose Nächte kranker Kinder durchwachen,
  • Elternabende besuchen,
  • Papierkram erledigen & Familienfeiern planen,
  • passende Kleidung einkaufen usw., usw.

Die Liste ist noch weiter fortführbar ebenso wie die damit verbundenen ToDos, die niemals weniger werden. Denn verschwindet eine dieser Aufgaben rückt die nächste einfach nach. Und da es meist Frauen sind, die sich hauptsächlich noch um die Sorgearbeit kümmern ist die mentale Überlastung fast schon vorprogrammiert.

Eine Möglichkeit, dem entgegen zu wirken ist eine faire Verteilung all dieser Aufgaben unter beiden Partnern. Warum? Weil Vereinbarkeit ein Gemeinschaftsprojekt beider Elternteile ist, bei dem anfallende Aufgaben gerecht verteilt werden sollten und dazu zählen auch die Aufgaben der Sorgearbeit.

Eigentlich ist Sorgearbeit gut mit Erwerbsarbeit zu vergleichen. Wie in der Erwerbstätigkeit gibt es auch in der Sorgetätigkeit Aufgaben, die anfallen und erledigt werden müssen. Soweit, so ähnlich. Der große Unterschied ist jedoch, dass die Erwerbstätigkeit am Ende des Monats monetär entlohnt wird. Die familiäre Sorgearbeit jedoch nicht. Und da beginnt das Problem. Denn wo es keinen oder nur wenig Gegenwert gibt, fehlt oft die Anerkennung – frei nach dem Motto was nichts oder wenig kostet ist auch nichts wert.

 

Was ist uns Sorgearbeit Wert?

Deswegen braucht Sorgearbeit zum einen Anerkennung zum anderen eine faire Verteilung. Damit ist nicht nur die Verteilung der familiären Aufgaben zwischen den Elternteilen gemeint. Sondern auch die Verteilung gehaltlicher Aspekte bei all den Menschen, die in unserer Gesellschaft tagtäglich Sorgearbeit leisten.

Auf der einen Seite wünschen wir uns diese Care-Arbeit doch alle, macht sie doch unser  Mensch aus. Auf der anderen Seite ist die Bereitschaft gesunken, angemessen dafür zu bezahlen, weil sie aufgrund ihrer Selbstverständlichkeit über die Jahrzehnte an Anerkennung und Wertschätzung massiv eingebüßt hat. Deswegen sollten wir wieder anfangen uns die Frage zu stellen, was es uns als Gesellschaft Wert ist die Menschen, die uns wichtig sind gut um- und versorgt zu wissen?

Was ist es uns Wert, dass unsere pflegebedürftigen Eltern, die selber nicht mehr in der Lage sind sich alleine zu Hause zu versorgen, von gut qualifizierten Fachkräften betreut werden? Fachkräfte, die aufgrund der unangemessenen Bezahlung immer weniger werden.

Was ist es uns Wert, dass unsere Kinder in der Krippe oder im Kindergarten von pädagogischen Fachkräften dabei begleitet werden zu gesellschaftsfähigen Menschen heranzuwachsen? Fachkräfte, die aufgrund der geringen Bezahlung und der mangelnden Anerkennung immer seltener die lange Ausbildung und den fordernden Arbeitsalltag in Kauf nehmen.

Was ist es uns Wert, dass kranke Familienangehörige im Krankenhaus nicht nur medizinische Versorgung, sondern auch menschliche Zuwendung durch entsprechende Fachkräfte brauchen?  Fachkräfte, die aufgrund unzureichender Bezahlung, ständiger Personalkürzungen und damit unzumutbarere Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren ihre Überzeugung verloren haben.

Care braucht fair share

All diese Bereiche der Sorgearbeit sind essentiell notwendig für unsere Gesellschaft. Deshalb denke ich „Care-Arbeit braucht eine faire Verteilung und mehr Anerkennung“. Eine gerechte Anpassung der Gehälter in sozialen Berufen, in denen Sorgearbeit geleistet wird. Ein Bewusstsein dafür, dass Sorgearbeit etwas wertvolles ist, etwas das Anerkennung und Wertschätzung verdient. Einen besseren Betreuungsschlüssel in Pflegeeinrichtungen, Kindergärten, Krippen und Krankenhäusern. Um auch wieder genügen Zeit für menschliche Gefühlsarbeit zu haben und nicht nur funktional zu arbeiten und Vorgaben zu erfüllen.

Denn was bedeutet es eigentlich „sich um jemanden sorgen“?  Auf meiner Suche nach einer passenden Definition dafür, bin ich auf die Folgende gestoßen: „sich um jemanden sorgen heißt, sich um jemandes Wohlergehen kümmern; die Pflichten auf sich nehmen, die zur Erhaltung oder zum Gedeihen einer Sache zu erfüllen sind.“.

Und zum Wohlergehen beziehungsweise zur Gedeihung einer Sache oder eines Menschen beitragen zu können, ist doch eine wunderbare Tätigkeit. Und deswegen verdient sie aus meiner Sicht wieder viel mehr Anerkennung, monetär und gesellschaftlich. Oder?

Carework verdient mehr Aufmerksamkeit

Um der Care-Arbeit noch mehr Aufmerksamkeit zu geben, wurde der Equal Care Day ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige Initative, die dazu aufruft im Rahmen des #equalcaredays auf die unfaire Verteilung von Care-Arbeit sowie deren mangelnde Wertschätzung aufmerksam zu machen. In diesem Jahr findet der findet der Equal Care Day am 29.2.2020 in Bonn statt. Zwei Tage lang wird es Vorträge, Bar Camps und Workshops geben. Wer sich für diese Veranstaltung interessiert findet weitere Informationen zu den Ticket und Veranstaltungen hier.

 

Fotocredit: Sarah Brown I unsplash

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