Beruf & Familie

Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Aufgrund der demographischen Entwicklung wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in den nächsten Jahren weiter ansteigen. In der Konsequenz bedeutet das, dass sich immer mehr Arbeitnehmer nicht nur mit der Frage auseinander setzen müssen, wie sich die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf gestalten soll, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege?

Für Angehörige kann diese Frage zur Zerreissprobe werden, denn die Pflege der eigenen Eltern kann dauerhaft eine große Belastung darstellen. Doch nicht nur Eltern können Pflegefälle sein, auch Kinder kommen mit Beeinträchtigungen auf die Welt oder werden durch Krankheiten zum Pflegefall und haben daher einen viel höheren Betreuungs- und Pflegeaufwand als andere. Daher sind auch hier die Unternehmen gefragt, indem sie Rahmenbedingungen schaffen, die es den Angestellten ermöglichen auch die Pflege der Familienangehörigen organisieren zu können.

Beruf und Pflege geht auch Arbeitgeber an 

Angestellte, die ihre Angehörigen pflegen brauchen vor allem eines – Zeit. Zeit, die sie einerseits für ihren Beruf einsetzen können, aber auch für die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Eltern. Die Pflegesituation in Deutschland hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert. Politisch fehlen umfassende Initiativen, um dem Pflegenotstand in Pflegeheimen oder bei Pflegediensten entgegen zu wirken. Auch bei der therapeutischen Versorgung von Kindern mit Behinderung gibt es eine große Versorgungslücke. Vor allem was das Angebot an Tagesstätten angeht. Dort sollen Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen eigentlich nach der Schulzeit die dringend notwendige therapeutische Förderung bekommen. In Ermangelung einer ausreichenden Anzahl an Plätzen müssen jedoch immer häufiger die Eltern in die Presche springen und die Sorgearbeit übernehmen, anstatt weiterhin der Erwerbstätigkeit nachzugehen.

All diese Entwicklungen führen dazu, dass mehr und mehr Angehörige Sorge- und Pflegetätigkeit übernehmen müssen, um den Bedürfnissen der Familienangehörigen gerecht zu werden. Aus diesem Grund sind auch Unternehmen häufiger gefragt, sich auf die Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmer einzustellen bspw. durch die Möglichkeit für Mitarbeiter remote zu arbeiten.

Firmen, die vorausschauend sind und schon heute die Strukturen für diese Entwicklung schaffen, müssen später nicht auf wertvolle Mitarbeiter verzichten. Denn vor dem Hintergrund des stetig wachsenden Fachkräftemangels ist der Bedarf an spezialisierten Mitarbeitern groß.

Deswegen sind Vereinbarkeitslösungen gefragt, die den familiären Bedürfnissen der Mitarbeitern gerecht werden. Arbeitszeiten sollten flexibel gestaltet sein in Form von Gleitzeit – oder Teilzeitmodellen. Auch die Möglichkeit zum Homeoffice oder zum Jobsharing sollte gegeben sein. So kann der Beruf sowohl mit der Erziehung der Kinder als auch mit der Pflege der erkrankten Eltern oder eines pflegebedürftigen Kindes vereinbart werden.

Gerade durch solche Modelle können Arbeitnehmer nachhaltig entlastet werden. Das schlägt sich wiederum in geringeren Arbeitsausfällen und gleich bleibender Produktivität nieder. Darüber hinaus haben Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege unterstützen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Arbeitgebern, weil sie schlichtweg attraktiver sind.

Schnelle Lösungen sind gefragt

Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sind schnelle Lösungen gefragt, denn dass die eigenen Eltern zum Pflegefall werden kommt meist überraschend und ist nicht planbar.

Hilfreich sind familienunterstützende Dienste, spezielle Informationsbroschüren, Pflegelotsen im eigenen Unternehmen oder Sonderurlaubsregelungen. Vor allem in der Anfangszeit der Pflege brauchen Angehörige oft ausreichend Zeit, um sich über mögliche Unterstützung zu informieren und diese umzusetzen.

Rechtliche Regelungen 

Laut Pflegezeitgesetz haben betroffene Angehörige sogar die Möglichkeit bis zu zehn Tagen nicht zur Arbeit zu gehen oder  sich für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten frei stellen zu lassen. Weiterhin können Arbeitnehmer Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung erhalten. Auf Antrag wird das von der Pflegekasse oder der privaten Pflegepflichtversicherung der oder des Pflegebedürftigen ausgezahlt.

Finanzielle Unterstützung im Pflegefall  

Das seit Januar 2015 geltende Pflegestärkungsgesetz hat Vereinbarkeit von Beruf und Familie zumindest in finanzieller Hinsicht verbessert.

Angehörige, die sich selbst um pflegebedürftige Angehörige  kümmern, in dem sie bspw. die Wohnverhältnisse den veränderten Bedürfnissen anpassen, erhalten pro Maßnahme Zuschüsse von bis zu 4.000 Euro.

Pflegende Angehörige, die eine Pause benötigen, können sich bis zu sechs Wochen Auszeit dafür gönnen. Die Verhinderungspflege, die dafür in Anspruch genommen werden kann, liegt bei bis zu 2.416 Euro pro Jahr. Zudem kann die Verhinderungspflege auf den Anspruch auf Kurzzeitpflege angerechnet werden. Auch Entlastungsleistungen in Höhe von 125,- Euro monatlich können pflegende Angehörige entlasten. Somit können externe Dienste zur Unterstützung bei Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden.

Weitere Informationen zur Kosten- und Leistungsübernahme im Pflegefall und zum Pflegegeld erteilen die zuständigen Pflegekassen.

Meine persönlichen Erfahrungen als Mutter eines Kindes mit Behinderung

Als Mutter eines Kindes mit Behinderung habe ich mich in den letzten Jahren sehr viel mit Therapiemöglichkeiten, Leistungsübernahme, Eingliederungshilfe usw. auseinander gesetzt. Ein Thema das unglaublich viel Zeit für Recherche in Anspruch nimmt. Alle über die Jahre gesammelten Informationen habe ich – zunächst nur für mich – in einem Dokument zusammen gefasst. Mittlerweile ist dieses Dokument sehr umfangreich geworden und ich möchte es gerne auch anderen Familien, die Kinder mit Pflegebedarf haben, zur Verfügung stellen. Das Dokument enthält Informationen zu Therapieformen, Spezialkliniken, Pflegegrad, Eingliederungshilfe, Anlaufstellen für Spezialthemen usw.. Es enthält all das Wissen, was mir in den letzten Jahren geholfen hat, hat allerdings nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und ist auch nicht (rechts)verbindlich.

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Falls Sie als Unternehmen Interesse an einem Beratungsgespräch zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege haben, kommen Sie gerne auf mich zu.


Photocredit: Nathan Anderson I unsplash

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