Beruf & Familie

Das schlechte Gewissen und wie Eltern besser damit umgehen können

In meinen Coachings und Workshops begegnet mir es immer wieder: Das ewig schlechte Gewissen, das vor allem Mütter mit sich herumtragen. Weil der Haushalt nicht perfekt ist. Weil sie am Abend nicht mehr genug Geduld hatten, um den Streitigkeiten der Kinder mit Ruhe zu begegnen. Weil der Kuchen beim letzten Sommerfest nicht selbst gebacken war. Weil die Kollegen am Nachmittag oder bei Krankheitstagen der Kinder Arbeitsthemen covern müssen. Die Liste ist beliebig erweiterbar.

Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem schlechten Gewissen? Per Definition ist unser Gewissen eine emotionale Reaktion auf unsere eigenen Handlungen und Entscheidungen. Basierend darauf entscheiden wir darüber, ob wir unsere Taten als gut oder schlecht erachten. Oftmals tragen sogar beide Elternteile dieses schlechte Gewissen mit sich herum. Warum? Weil sie – seitdem die Kinder da sind – ein Vielfaches mehr an Aufgaben zu erledigen haben und es dabei meist auch noch allen Recht machen wollen: den Kindern, den Arbeitgebern, dem Partner, den Freunden….

Das ist nicht leicht und wenn wir ehrlich zu uns selber sind, eine eigentlich schier unlösbare Aufgabe. Doch wie gehen wir nun mit all diesen Situationen um, die dieses schlechte Gewissen auslösen.

Definiere Deine persönlichen Werte und Prioritäten

Ein schlechtes Gewissen ist oftmals darin begründet, dass Du Dich in einem inneren Wertekonflikt befindest. Dabei stehst Du wie zwischen den Stühlen und weißt nicht auf welchen Du Dich setzen sollst. Das hat viel mit inneren und äußeren Erwartungen zu tun. Deswegen ist es sehr hilfreich, Dich in solchen Situationen ganz klar mit der Frage auseinander setzen, welche Entscheidungsvariante für Dich wichtiger bzw. dringlicher ist und innerlich dann auch voll dahinter zu stehen. Damit übernimmst Du ganz bewusst Verantwortung für Dich und Deine Handlungen und lässt Dich weniger vom Außen steuern.

Annehmen, was ist und daraus lernen

Ja, es wird, sie immer geben, die Entscheidungen in denen Du im Nachhinein denkst: Hätte ich das doch besser anders gemacht!“. Und genau solche Entscheidungen braucht es auch. Warum? Damit Du Dich in einer ähnlichen Situation neu und anders entscheiden kannst und die Dinge eben ganz bewusst nicht so machst wie beim letzten Mal.

Daher solltest Du Dich nicht für eine vermeintliche falsche Entscheidung verurteilen. Stattdessen solltest Du sie nutzen,  um zu reflektieren und für Dich zu definieren, was Du beim nächsten Mal anders machen möchtest.

Sei präsent

„Wenn ich im Job sitze, frage ich mich, wie es den Kindern wohl geht und ob sie auch ohne mich eine gute Zeit haben.“ „Wenn ich mit den Kindern zusammen bin, fühle ich gedanklich gehetzt, weil ich noch eine dringende berufliche E-Mail absenden muss, die ich vor der Fahrt in die Kita nicht mehr schreiben konnte.“ Solche und ähnliche Sätze begegnen mir in meiner Arbeit ständig. Das fatale ist, sie schüren das schlechte Gewissen, denn gefühlt bist Du aufgrund all dieser Gedanken nirgends so richtig.

Meine Empfehlung darauf lautet: Sei präsent. Konzentriere Dich auf die Arbeit, wenn Du im Büro bist. Sei mental wirklich bei Deinen Kindern, wenn ihr gemeinsam am Nachmittag oder Abend Zeit miteinander verbringt. Das ist leichter gesagt als getan, ich weiß. Doch es ist möglich und wirklich eine Sache der Übung. Daher erstelle Dir ein Art „Trainingsplan“ und fange mit 5 Minuten bewussten „Präsenz-Einheiten“ an, die Du über die Tage, Wochen und Monate steigerst. Außerdem ist es hilfreich in den Kinderzeiten auch das Arbeitshandy wegzulegen.

Perfektionsmus ade

Wenn Du eine Karrierefrau bist, wirst Du von der Gesellschaft als gefühlskalt und egoistisch abgestempelt. Bleibst Du die ersten drei Jahre mit Deinen Kindern zu Hause wirst Du zum Heimchen am Herd degradiert.

Die Quintessenz des Ganzen ist: Du kannst es aus der Sicht der anderen meist nur falsch machen. Daher mache es richtig, in dem Du schaust, was für DICH richtig ist. Lass die Perfektionsansprüche, die von Außen tagtäglich an Dich heran getragen werden einfach mal gut sein. Wenn es DIR zum Beispiel wichtig ist, dass es zu Hause ordentlich aussieht, dann kümmere Dich darum, dass es auch so ist. Denn es tut DIR gut.

Wenn es Dir selber aber eigentlich egal ist und Du es nur machst, weil „man“ das eben so macht, dann frage Dich, ob es den Stress den dieser Perfektionsanspruch bei Dir auslöst wirklich Wert ist oder ob Du nicht viel mehr davon hast mit Deinen Kindern zu spielen statt aufzuräumen. Bei dieser Entscheidung gibt es übrigens kein richtig oder falsch, sondern nur ein, so ist es gut für DICH.

Kinder brauchen unperfekte Eltern

Jeder macht mal Fehler – auch wir Eltern. Das ist eine Tatsache, die auch Kinder lernen müssen und sollen. Denn nur so, erfahren sie, dass sie selber auch mal etwas falsch machen können und dürfen. Daher ist es wichtig, das Eltern ihrem Kind gegenüber auch Dinge eingestehen, die blöd gelaufen sind und ihnen zeigen, wie sie mit solchen Momenten gut umgehen können. Daher achte in Situationen in denen Dir etwas misslungen ist darauf, dass Du Dich aufbaust anstatt Dich zu verurteilen. Dass tut Dir selber gut und Du bist gleichzeitig auch ein gutes Vorbild für Dein Kind.

Mein persönlicher Tipp

An Tagen an denen das schlechte Gewisse bei mir groß ist, zum Beispiel weil ich das Gefühl habe, nicht lange oder präsent genug für meine Kinder da gewesen zu sein, lasse sich sie am Abend entscheiden, was sie gerne noch machen möchten: Eine Runde Trampolin hüpfen. Ein gemeinsames Gesellschaftsspiel. Ein Picknick-Abendessen auf dem Boden. Oder eine seeehr, lange Gute-Nacht-Geschichte.… Damit wende ich mich ganz ihren Bedürfnissen zu, mache sie zum Bestimmer und sie holen sich in dieser Zeit dann genau das, was sie gerade von mir brauchen.

 

Photocredit: Meredith Hunter I unsplash

 

 

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