Berufsalltag

Im new normal der Arbeitswelt muss Vereinbarkeit zum Gemeinschaftsprojekt werden

Covid-19 hat unsere Arbeitswelt einmal auf den Kopf gestellt. Während die einen noch hoffen, dass wir bald alle wieder zur gewohnten Normalität zurückkehren können, werden sich die anderen darüber bewusst, dass die neue Arbeitswelt oder das „new normal“ wahrscheinlich anders aussehen wird, als wir es bisher gewohnt waren.

Ein Gedanke, der Ängste freisetzen kann und gleichzeitig auch einen Raum für Innovationen öffnet. Denn die Arbeitswelt von morgen wird anders aussehen, als die von gestern und darauf dürfen und müssen wir uns einlassen – im familiären, wirtschaftlichen und auch politischen Kontext.

Ein erstes Resümee der letzten Monate 

Durch den coronabedingten Lockdown Anfang März wurde auf einmal möglich, was vorher undenkbar war. Je nach Branche und Firma wurden Mitarbeiter*innen teilweise geschlossen ins Home-Office geschickt. Binnen kürzester Zeit wurden Workarounds und Prozesse aufgesetzt, die viele für unmöglich hielten. Und was keiner gedacht hat, wurde in diesem für viele Unternehmen sehr unfreiwilligen Feldversuch zur Realität: Home-Office für alle funktioniert und zwar besser als gedacht!

Sicher läuft noch nicht alles so rund wie es laufen soll, daher ist es nun ist es an der Zeit, Strukturen zu schaffen, für die im Krisenmodus keine Zeit war, vor allem im Hinblick auf Aspekte in den Bereichen Arbeitsrecht, Datenschutz oder betriebliches Gesundheitsmanagement.

Doch die wichtigste Erkenntnis bleibt: Mobiles Arbeiten wird die Arbeitswelt von morgen prägen, denn viele wollen sie nach diesen positiven Erfahrungen auch in Zukunft nicht mehr missen, hat sie doch positiven Einfluss auf Kostenstrukturen, die persönliche Flexibilität und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für Unternehmen bedeutet das, Arbeit neu zu denken und dies auch in der Firmenkultur umzusetzen.

Die Kehrseite der Medaille 

Home-Office und das Gebot zum Social-Distancing führte und führt dazu, dass viele Menschen – je nach persönlicher Lebenssituation – die meiste Zeit des Tages alleine zu Hause aus verbringen. Die sozialen Kontakt im Berufsalltag fehlen und auch der fachliche Austausch unter Kollegen*innen findet ganz anders statt. Kurze Absprachen zwischen Tür und Angel oder in der Kaffeeküche gibt es nicht mal so eben im Vorbeigehen.

Und auch für Familien war die Situation herausfordernd. Aufgrund geschlossener Schulen und Kitas mussten Eltern parallel zur eigenen Arbeit ihre Kinder zu Hause beschulen und/oder betreuen. Eine Mammutaufgabe, die in Familien stellenweise dazu geführt hat, dass laut einer Studie der Hans-Boeckler Stiftung 27% der befragten Mütter mit Kindern unter 14 Jahren ihre Arbeit reduziert haben. Bei den Vätern lag der Prozentsatz bei lediglich 16%. Doch es hat auch dazu geführt, dass in dieser Zeit beide Elternteile zu Hause gearbeitet und sich um die Kinder gekümmert haben.

Das heißt, sowohl Arbeitgeber als auch berufstätige Eltern haben in den letzten Wochen und Monaten Erfahrungen sammeln können, wie die Arbeit und Zusammenarbeit aus dem Home-Office heraus gelingen kann. Und Vollzeit berufstätige Väter, hatten die Gelegenheit, sich in den Familienalltag intensiver einbringen zu können als bisher.

Doch was bedeuten diese ersten Erkenntnisse nun für die Arbeitswelt von morgen?

Vereinbarkeit ist ein Gemeinschaftsprojekt

Aus meiner Sicht wird mobiles Arbeiten ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags werden. Daraus ergeben sich wiederum Implikationen für die Arbeits- und Familienbeziehungen.

Gerade im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist es jetzt wichtig, in Kommunikation zu bleiben. Führungskräfte und Mitarbeiter*innen sollten in einem engen Austausch stehen. Die High- und vor allem auch Lowlights der Zusammenarbeit aus den vergangenen Monaten sollten gemeinsam reflektiert und bei Bedarf nachjustiert werden. Besonders wichtig ist es in dem Zuge immer wieder über gegenseitige Erwartungen zu sprechen z.B. im Hinblick auf neue, flexible Arbeitsmodelle, feste Home-Office Tage, eine veränderte Meeting-Kultur, Führen in Teilzeit etc. und damit vermehrt Rahmenbedingungen für familienfreundliches Arbeiten und mehr Gleichstellung für berufstätige Mütter und Väter zu schaffen.

Auch innerhalb der Partnerschaft ist jetzt die Chance, bestehende Vereinbarkeitsmodelle zu überdenken und diese an die neuen Rahmen- und Arbeitsbedingungen anzupassen.

Corona bietet die Chance in Familien alte Rollenmuster aufzubrechen

Die Betreuungseinschränkungen durch Corona haben deutlich gemacht, wie wichtig, dass vielbeschriebene Dorf in Form von Kinderbetreuung und Schulen ist, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf lebbar zu machen. Daher ist nach wie vor die Politik gefragt, diese strukturellen Rahmenbedingungen in Form einer gesicherten und qualitätiv guten Kinderbetreuung zu schaffen.

Auf der anderen Seite bilden Familien die kleinste gesellschaftliche Einheit. Das heißt auch Eltern können auf strukturelle Veränderungen Einfluss nehmen. Ganz konkret heißt das bestehende Rollenbilder zu hinterfragen sowie Aufgaben und Verantwortlichkeiten neu aufzuteilen. Erwerbs- und Carearbeit zwischen (berufstätigen) Müttern und Vätern sollte fair verteilt sein, damit beide Elternteile die Möglichkeit haben einer bezahlten Arbeit nachzugehen und damit auf lange Sicht der Gender Liftime Earnings Gap geschlossen wird. Denn der liegt laut einer Publikation von Oxam Deutschland bei 49%. Der Gender Pension Gap sogar bei 53%.

Empathische Führung gewinnt noch mehr an Bedeutung 

In dieser besonderen Zeit wird Führungskräften eine besondere Rolle zuteil. Mehr denn je, sind sie darin gefragt, Kommunikator, Motivator, Vernetzer, Zuhörer und Vorbild zu sein. Idealerweise sollten Vorgesetzte in ihren Planungen Mitarbeiter*innen mit einbeziehen, um die aktuellen berufliche und auch private Situation besser einschätzen und darauf eingehen zu können. Diese Form der Mitbestimmung kommt dem Wunsch der Arbeitnehmer*innen nach Autonomie nach. Zudem sichert sie Motivation und Perspektivenvielfalt.

Familienfreundlichkeit ist ein weiterer Punkt, der aktuell besondere Beachtung verdient. Daher braucht es ein Bewusstsein dafür, dass die Mitarbeitenden unter verschiedensten Voraussetzungen arbeiten. Die einen stehen vor der Herausforderung die Kinder betreuen zu müssen, die anderen pflegen Angehörigen. Auf diese Rahmenbedingungen sollte eingegangen werden indem bspw. eine familienfreundliche Meetingkultur etabliert wird und dauerhaft flexible Arbeits- und Teilzeitmodelle ermöglicht werden.

Auch die soziale Distanz kann für Mitarbeitende zum Problem werden, gerade dann, wenn sie alleinstehend sind und anfangen zunehmend unter der Isolation der Pandemie zu leiden. Laut einer DAK-Studie mit rund 7.000 Befragten, fehlt drei Viertel der Befragten der direkte Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen. Darüber hinaus vermisst jeder Zweite die klare Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben.

Work Life Blending reduzieren

Beides wichtige Punkte, die Führungskräfte im Auge behalten sollten, um gemeinsam mit dem Team nach Ansätzen zu suchen, um sowohl „Work-Life-Blending“ zu reduzieren als auch regelmäßige Kommunikation zwischen den Mitarbeiter*innen zu fördern – formell und vor allem informell. Denn wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen die gemeinsame Interaktion. Empathie, Transparenz, Kreativität und Flexibilität werden damit aktuell zu wichtigen Führungsqualitäten.

Neben all dieser Herausforderungen, die aktuell an die Arbeits- und Familienwelt gestellt werden, haben wir nun gleichzeitig die Möglichkeit nicht nur kurzfristige Entscheidungen zu treffen, sondern langfristige und nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Innerhalb der Familie und innerhalb von Unternehmen. Für eine veränderte und idealerweise bessere und familienfreundlichere neue Welt der Arbeit.

 

Mit meinen Trainings und Workshops kann ich Sie dabei begleiten ihren Mitarbeitenden passende Impulse und Begleitung zu geben. Denn #vereinbarkeitisteingemeinschaftsprojekt .

 

Fotocredit: Andrew Neel I Unsplash

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