Work & Family Interview Serie

Antonia: Wie lebst und erlebst Du gerade den Corona-Alltag mit Kindern?

Werbung // unbezahlt und unbeauftragt

Heute Antonia bei mir im Interview zu Gast. Antonia ist Vollzeit berufstätig und hat zwei Kinder, die sie alleine erzieht. Seit Beginn der Coronakrise, geschlossenen Schulen und Kindergärten hat sie noch weniger Unterstützung von Außen als sonst. Wie es ihr damit ergeht und wie Ihre Corona-Alltag mit Kindern aussieht, darüber sprechen wir gemeinsam.

1. Erzähl doch mal, wer und wie viele seid Ihr in Eurer Familie?

Das bin ich Antonia, 37 (gerade nochmal nachgezählt 🙂 ) und meine Kids. Mein Sohn ist 8 und meine Tochter 5.

2. Wie sah Deine berufliche Situation aus bevor Du Deine Kinder bekommen hast?

Ich war selbstständig und habe unter anderem als Assistenz der Geschäftsführung für ein Start Up in München gearbeitet.

3. Was hat sich seitdem verändert und wie sieht Dein Arbeits- und Familienmodell „normalerweise“ aus?

Nachdem ich 2011 meinen Sohn bekommen habe bin ich nach wenigen Wochen wieder in die Selbstständigkeit eingestiegen. Nachdem das mit Säugling natürlich schwer zu gestalten ist habe ich mein Business komplett auf virtuelle Basis umgestellt. 2014 kam dann meine Tochter zur Welt. Auf der Suche nach neuen Aufträge bin ich 2017 dann zu meiner heutigen Festanstellung gekommen.

Nachdem ich mich 2017 dann vom Vater meiner Kinder getrennt habe konnte ich meine damalige klassische Teilzeittätigkeit mit 20 Wochenstunden bzgl. der Stunden zum einen Aufstocken und habe wieder zusätzlich als Freiberuflerin als virtuelle Assistentin gearbeitet.
Seit etwas über einem Jahr bin ich in meiner Festanstellung in Vollzeit und meine Selbstständigkeit ruht. Mein Arbeitsmodell sah seither so aus, dass ich täglich 5-6 Stunden im Büro vor Ort bin, wenn die Kinder in Schule und Kindergarten betreut sind und die „fehlenden“ Stunden dann an Nachmittagen an denen die Kinder beispielsweise bei Freunden sind oder eben abends im Home Office erledige.

4. Durch Corona wurde unser aller Alltag einmal auf den Kopf gestellt und gerade Familien stehen jetzt vor der großen Herausforderung Home-Office und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen. Wie hast Du Dich im Corona-Alltag mit den Kindern in den letzten Wochen organisiert?

Als klar war, dass in Bayern die Schulen und Kindergärten geschlossen werden und es immer hiess „5 Wochen“ dachte ich: Joa gut. Aber kriegen wir schon hin. Ich habe ein paar Pläne geschrieben, To Do Liste gemacht und Idee gesammelt was wir alle zusammen machen könnten. Ich habe dem Kindergarten Kind Rätselbücher bestellt, einen kleinen Sandkasten für den Balkon (wir waren gerade frisch umgezogen) und versucht die Schulmaterialien in einen Wochenplan zu bringen. Ich war in meinem „Lebenskonzept“ schon davor Home Office gewohnt und war positiv gestimmt, dass wir das alles gut hinbekommen werden. Und ich hatte immer das Bewusstsein, dass ich sehr priviligiert bin. Ich verdiene bis heute 100% und kann 100% arbeiten…. Auch wenn der Preis – der Doppelbelastung sehr hoch ist!

5. Hat es in diesen Wochen auch Veränderungen gegeben oder waren sie immer gleich organisiert?

Es hat viele Veränderungen gegeben. Zum einen weil ich z.B. die Osterferien anders gestalten wollte für die Kinder als die 3 Wochen davor. Gerade mein Sohn sollte möglichst zumindest ein bisschen Feriengefühl haben. Bereits nach der 2. Woche habe ich viel umgeschmissen und vor allem für mich gelernt, dass es bei einer solchen 180 Grad Drehung des Alltags nun mal nicht mit ein paar Listen getan ist. Unsere Emotionen, Ängste und Sorgen, und zwar bei uns allen 3 brauchten auch ihren Raum. Ich habe mir über die Wochen immer mal wieder einzelnen Urlaubstage pro Woche anrechnen lassen, um die tägliche „Soll Last“ von 8 Stunden zu minimieren.

Ich habe die Pläne für das Homeschooling kleiner gefasst und lieber noch Freiräume geschaffen, um mit den Kindern über diese Zeit gerade reden zu können. Was jedoch immer blieb war eine gewisse Struktur für unseren Alltag, bei uns allen drei. Mir war immer wichtig, unseren Rhythmus möglichst beizubehalten, sprich morgens aufzustehen, sich für den Tag fertig zu machen, die Kinder gehen abends regulär ins Bett usw.

6. Was war in den letzten Wochen Deine größte Herausforderung im Corona-Alltag mit Kindern und wie hast Du sie gelöst?

Meine größte Herausforderung in den letzten Wochen war und bin definitiv ich selbst. Als alleinerziehende Mama ist es nun mal so, dass so ziemlich alles hier bei uns damit steht und fällt was mit mir ist. Wenn ich schlecht gelaunt bin und gereizt weil alles zu viel ist, dann überträgt sich das natürlich schnell auf die Kinder. Wenn ich keine gute Konzentration finde dann wirkt sich das auf meine Arbeitsleistung aus. Wenn ich nicht auf mich achte, dann wirkt sich das auf mich aus! Sich das bewusst zu machen hat schon viel geholfen. Meine Listen und Pläne – ja ich bin da ein kleiner Junkie 🙂 – haben mir sehr geholfen. Auch wenn ich meine Abläufe mehrfach schon verändert habe usw. aber das aufzuschreiben wann was ist usw. hat mir immer Sicherheit gegeben. Selbst wenn es turbulent wurde hatte ich immer etwas an dem ich mich festhalten konnte.

Und der Sport nicht zu vergessen! Ich habe tatsächlich angefangen Sport zu machen. Ich mache jetzt jeden Tag kleine Online Workouts und das tut einfach so unfassbar gut und gibt innere Stärke und Stabilität. Die Bewegung hatte vorher irgendwie nie wirklich Platz in meinem Alltag und schwupps hatte diese verrückte Zeit mit so viel Herausforderung auch etwas Positives.

7. Gibt es irgendwelche Tipps aus den vergangenen Wochen, die Du hier mit anderen Eltern teilen möchtest?

Listen schreiben 🙂 Wir haben für alles gerade Listen. Naja was heisst wir. Primär ich. Ich hatte schon immer viele Listen um meinen Alltag zu organisieren aber jetzt haben wir z.B. sogar Listen gemacht mit den Tätigkeiten, die wir gerne zusammen machen. Wenn ein „Sturmtief“ in Sachen Stimmung droht holen wir uns diese Liste und schauen zusammen was wir jetzt gerade machen wollen und was uns gerade gut tun würde. Ich habe Listen zum Thema Kochen und einkaufen, einen Schul-Wochenplan, einen „was ich schon die ganze Zeit erledigen wollte“ Plan usw.. Es gibt einfach Sicherheit finde ich…. Und das Glücksfühl auf den Listen etwas abzuhaken oder durchzustreichen ist sowieso unbezahlbar!

Und ich würde immer empfehlen: Macht euer eigenes Ding!
Nur weil andere praktisch alle 10 Minuten Fotos posten von all den tollen Bastelwerken, die sie in absoluter Harmonie mit ihren Kindern in der Zeit anfertigen oder andere jeden Tag tolles frisch gekochtes Essen auf den Tisch stellen und Nachmittags gleich noch eine tolle Torte hinterher…. Müsst ihr das nicht auch tun! Ihr kennt euch und eure Kinder und eure Situation am Allerbesten!
Und genau danach sollten wir gerade leben. Das nimmt einfach wahnsinnig viel Druck raus!

8. Eine Rückkehr zur Normalität und eine umfassende Kinderbetreuung wie wir sie „vor Corona“ kennen, wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauern. Was würdest Du Dir im Hinblick auf ein Kinderbetreuungsangebot wünschen, um Deinen Arbeits-Alltag zumindest etwas zu entlasten?

Ich habe als Alleinerziehende seit Ende April Anspruch auf Notbetreuung, das meine Tochter seitdem auch wahrnimmt. Das hat uns beiden schon viel Entlastung gebracht. Meine Tochter war so unglücklich und unzufrieden. Die Freunde fehlten so sehr… Egal was ich ihr anbot, es war einfach nicht das Selbe und das war deutlich zu spüren. Und wie soll eine 5 Jährige sich zuhause beschäftigen wenn Mama arbeitet und der große Bruder sich um Schule zu kümmern hat?

Nur man darf nicht vergessen Notbetreuung ist deshalb noch lange nicht Kindergarten. Die nächste Frustration ließ hier nicht lange auf sich warten. Es waren nur wenige Kinder, die gewohnten Abläufe und Angebote im Kindergarten fehlten…
Ich war es als alleinerziehende Mama gewohnt auf ein soziales Netzwerk zurückzugreifen, dass ich mir aufgebaut hatbe und hege und pflege. „ Es braucht ein ganzes Dorf um Kinder groß zu ziehen“ und es kann einfach nicht sein, dass uns Familien genau dieses Dorf weggenommen wird bzw so lange genommen wurde. Die Entlastung für mich zum Arbeiten ist wichtig keine Frage – aber wenn ich mir etwas wünsche dann, dass unsere Kinder in dieser Corona Zeit mehr Aufmerksamkeit bekommen in der Gesellschaft und nicht nur Biergärten, Fussball oder die Automobilindustrie. Es gibt noch immer so viele Familien und Kinder ohne jegliche Perspektive.

Mein Sohn könnte auch schon seit Ende April in die Notbetreuung gehen. Er wäre das einzige Kind dort und hat mich förmlich angefleht nicht hingehen zu müssen. Er wird noch bis mindestens Mitte Juni zuhause sein und auch danach wenn überhaupt nur im Wochenwechsel in die Schule gehen. Auch hier ist meine Entlastung das eine – die, wenn ich ihn für 2 Stunden pro Tag in die Schule fahren und holen muss sowieso minimal ist… das andere ist er. Und seine Bedürfnisse. Nach Regelmäßigkeit und Struktur und Sicherheit.

So wie uns jetzt die vermeintliche Kinderbetreuung und Schulöffnung vorgegaukelt wird hat man doch eher das Gefühl , dass hier per Würfel-Zufalls Wurf entschieden wurde wer wann wieder in den Kindergarten gehen darf. Und ein paar Altersgruppen wurden wohl vergessen… oder der Würfel hat deren Zahl eben blöderweise nicht angezeigt. Das kann es in unserem Land doch einfach nicht sein, dass Kinder und ihre Bedürfnisse so wenig gesehen und beachtet werden.
Ich bin es als Alleinerziehende gewohnt viel leisten zu müssen… das und wir man hier entlasten könnte ist nochmal ein separates Thema. Aber jetzt geht es vor allem um unsere Kinder.

9. Wie können Arbeitgeber aus Deiner Sicht unterstützen, um berufstätigen Eltern die aktuelle Situation etwas einfacher zu gestalten

Arbeitgeber sind jetzt genauso gefordert einen guten Weg zu finden. Arbeitgeber sind natürlich auch von Sorgen und Ängsten gebeutelt… Ich denke hier muss man jetzt einfach zusammenrücken. Arbeitgeber müssen Flexibilität bieten und Bereitschaft ihren Mitarbeitern zu vertrauen. Ich habe da sehr, sehr viel Glück. Aber ich bin mir bewusst, dass das alles natürlich nur so lange funktioniert so lange ich auch meinen Teil des Ganzen erfülle und pro Woche erledige was eben zu meinem Job gehört.

Wie so oft: Alles ist ein Geben und Nehmen. Druck raus zunehmen und Vertrauen zugeben ist meiner Meinung nach das was Arbeitgeber jetzt tun könnten…

 

 


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Photocredit: Antonia

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