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Gleichberechtigte Elternschaft leben

Gleichberechtigte Elternschaft, was heißt das eigentlich? Meine ganz persönliche Definition davon ist, dass sich beide Elternteile Erwerbs- und Carearbeit fair aufteilen. Wie fair genau definiert wird, das legt das Paar idealerweise in gemeinsamen Absprachen fest und trifft gemeinschaftlich Vereinbarungen hinsichtlich der Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit.

Wichtig ist an der Stelle zu erwähnen, dass sich diese Vereinbarungen über die Zeit hinweg verändern können und werden. Vereinbarkeit und gleichberechtigte Elternschaft ist für ich wie ein Mobile, das immer wieder an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst werden muss, sobald es ins Schwanken gerät. Was während der Elternzeit ein passendes Modell ist, muss es beim Wiedereinstieg ins Berufsleben noch lange nicht sein. Wenn Du eine gleichberechtigte Partnerschaft anstrebst ist es wichtig, immer in der Kommunikation zu bleiben und zu reflektieren, ob die aktuellen Vereinbarungen noch passend ist. Um in der Elternzeit schon Grundsteine in Richtung gleichberechtigte Partnerschaft zu legen, ist es hilfreich, sich zu den folgenden Aspekten gemeinsam als Paar auszutauschen.

1. Sprecht über eure jeweiligen Erwartungen

Idealerweise habt ihr schon vor oder während der Schwangerschaft darüber gesprochen, wie eure Familienvision aussehen soll und wie sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf perspektivisch gestalten soll.

Dazu gehören Fragen wie:

  • Wie verstehen wir unsere Rolle als Mutter bzw. Vater?
  • Wer hat welche Karrierewünsche und
  • Wie sind diese umsetzbar?

Definiert so früh es geht, welche Arbeitszeitmodelle ihr euch nach der Elternzeit vorstellt. Warum? Weil damit in der Regel auch einige vorbereitende Gespräche mit dem Arbeitgeber verbunden sind, die geführt werden müssen. Gerade dann, wenn ihr beide Arbeitszeit reduzieren wollt. Gerade für Väter ist dieses Vorgehen bislang noch eher die Ausnahme als die Regel. Doch der Trend geht in eine andere Richtung. Laut Väterreport des BMFSFJ wünschen sich 47 % der  befragten Väter, dass beide Partner (annähernd) gleich lang arbeiten und 58% der Väter möchten mindestens die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen. Eine positive Entwicklung in Sachen gleichberechtigte Partnerschaft.

Ein weiterer Aspekt, der reflektiert werden sollte ist: Welchen Anteil soll oder möchte jeder(r) zum Familieneinkommen beitragen? Gerade der finanzielle Aspekt ist ein wichtiger. Zum einen, damit beide Elternteile in gleichem Maße abgesichert sind, auch im Alter. Zum anderen, um einen möglichen Verdienstausfall besser kompensieren zu können, denn auch diese Sorge kann belastend und stressig sein.

Ganz wichtig auch die Frage: Von welchen Zeiträumen sprecht ihr bei euren Vereinbarungen? Oder im klassischen Bewerbungskontext die Frage: Was wollen Sie in drei, fünf, sieben Jahren erreicht haben? Im Familienkontext müssen diese Planungszyklen natürlich kleiner gehalten werden. Doch der entscheidende Punkt ist, sich bewusst zu machen, dass gleichberechtige Elternschaft und die sich daraus ergebenden Vereinbarkeitsmodelle stetig verändern können. Das war bei uns ganz genauso. Nach der Geburt unseren 1. Kindes vor 10 Jahren sah unser Modell noch ganz anders aus als heute. Und diese Erkenntnis kann sehr entlastend sein und den Druck rausnehmen.

 

2. Verteilt Aufgaben und Verantwortlichkeiten 

Ihr könnt alle anfallenden ToDos und Verantwortlichkeiten aufteilen und das schön während der Elternzeit. Zwar ist die Mutter derzeit in der Regel immer noch diejenige, die den größten Teil der Elternzeit mit dem Kind zu Hause bleibt, doch das bedeutet nicht automatisch, dass sie sich zu 100% um die Versorgung des Kindes und den Haushalt kümmern muss. Setzt euch deshalb zusammen und besprecht, wie ihr euch im Rahmen der Elternzeit aufteilen wollt.

Dazu ist es hilfreich sich die folgenden Fragen zu stellen:

  • Wer macht was?
  • Und in welchem Umfang?

Also ganz konkret: Schreibt auf, welche Tätigkeiten und ToDos im Haushalt oder bei der Care-Arbeit anfallen und legt dann fest, wer welche davon erledigt. Klärt dabei auch die Erwartungen an eventuell vorhandene Qualitätsansprüche bei bestimmten Aufgaben, denn darin liegt oftmals ein großes Diskussionspotential.

Und auch bei der Carearbeit könnt ihr euch beide einbringen. Väter können ein Fläschchen bzw. Brei ebenso zubereiten und geben wie Mütter. Väter können genauso gut ein Kind anziehen, baden, wickeln oder das Kind im Tragetuch tragen, um nur einige Beispiele zu nennen. Räumt euch gegenseitig als Paar die Möglichkeiten ein, diese Sorgearbeit zu übernehmen. Zum einen stärkt das die Beziehung zwischen Kind und beiden Elternteilen. Zum anderen sammelt ihr beide Erfahrungen in all diesen Bereichen, baut eure Elternkompetenzen auf und aus und könnt euch damit auch immer gegenseitig entlasten. Daher traut euch zu Verantwortung zu übernehmen und abzugeben. Das bringt viel mentale und physische Entlastung im Alltag und ihr begegnet euch auf Augenhöhe.

 

3. Entlastet euch gegenseitig – vor allem körperlich

Ein Baby bringt viele Veränderungen mit sich. Gerade in den ersten Monaten ist die physische Belastung sehr hoch, weil der Schlafrhythmus des Babys bei Weitem noch nicht dem der Eltern entspricht und die Nächte daher um ein Vielfaches weniger erholsam sind, als es bis dato üblich war. Daher kann ich frisch gebackenen Eltern nur ans Herz legen, sich gegenseitig Schlafpausen einzuräumen. Auch durch Studien ist mehrfach belegt, wie wichtig erholsamer Schlaf für den menschlichen Körper ist. Dass sich unser Immunsystem und Stoffwechsel regeneriert und wir stressresistenter und geduldiger sind, wenn wir darauf achten, ausreichend Schlaf zu bekommen.

Mein Mann und ich haben es in den ersten beiden Jahren mit Kind zum Beispiel so gehandhabt, dass wir uns am Wochenende abwechselnd haben ausschlafen lassen und der jeweils andere mit dem Kind aufgestanden ist. Auch nachts könnt ihr euch gegenseitig abwechseln, wenn ihr euch dafür entscheidet, eurem Kind ab einem geeigneten Zeitpunkt die Flasche zu geben.

Mein persönlicher Hack:

Nehmt eine Thermoskanne mit heißem Wasser und eine Flasche mit kaltem abgekochten Wasser sowie Milchpulver fertig abgefüllt im Portionierer mit ins Schlafzimmer, dann erspart ihr euch den Weg zur Küche und zurück.

4. Organisiert eure ToDos 

Findet einen Platz, wo ihr eure Termine und ToDos organisiert. Das kann beispielsweise ein digitaler oder haptischer Kalender sein. Auch eine App wie famanice mit Einkaufslisten und Kalenderfunktion oder ein Orgatool wie Trello sind hilfreich, um euren Alltag in einer gleichberechtigten Elternschaft zu organisieren.

Probiert aus, mit welchem Tool ihr gut klar kommt, um euren Alltag zu organisieren. Das hilft euch, das Organisationschaos aus dem Kopf zu bekommen, es für beide einsehbar an einem Ort zu haben und Aufgaben und Verantwortlichkeiten aufzuteilen. Bewährt hat sich auch, einen festen Tag in der Woche zu haben, um gemeinsam über anstehende Termine und Aufgaben zu sprechen. Wir machen das in der Regel am Wochenende und diese Wochenplanung nimmt den Alltags-Stress enorm raus, weil beide Elternteile wissen, was ansteht und zu tun ist.

5. Baut euch ein Netzwerk auf

Auf wenn es in den ersten Wochen und Monaten mit Baby kaum vorstellbar ist, diesen kleinen Menschen irgendwann einmal von anderen Personen betreuen zu lassen, so wird spätestens zum Wiedereinstieg die Frage aufkommen: Wer kann uns bei der Betreuung unseres Kindes unterstützen?

Nicht umsonst wird häufig das Sprichwort zitiert: „Es braucht ein Dorf, um ein Kind groß zu ziehen.“ Und Ihr tut als Eltern gut daran, wenn ihr euch bereits während der Elternzeit intensiv damit befasst, euch dieses Dorf aufzubauen. Denn der Aspekt, dass die Betreuung des Kindes bei der Rückkehr in den Job „nur“ auf zwei Schulterpaaren lastet kann inneren Stress erzeugen.

Auch während der Elternzeit ist es sehr entlastend die Möglichkeit zu haben, das eigene Kind für einen bestimmten Zeitraum in andere vertrauensvolle Hände zu geben, um Schlaf nachzuholen, zum Arzt zu gehen, oder, oder, oder. Daher überlegt euch, ob es Verwandte gibt, deren Hilfe ihr in Anspruch nehmen könnt. Vernetzt euch mit anderen Eltern, die Kinder im ähnlichen Alter haben und bietet perspektivisch gegenseitige Unterstützung an. Erkundigt euch nach einer Leihoma, die euren Nachwuchs hin und wieder betreuen kann. Das war für uns immer eine große Hilfe, da wir keine Großeltern vor Ort haben.

 

Probiert diese Tipps auf eurem Weg in eine gleichberechtigte Elternschaft mal aus und schreibt mir gerne, wie es euch damit ergangen ist.

 

Photocredit: Jessica Rockowitz I Unsplash

 

 

 

 

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