Work & Family Interview Serie

Jennifer: Wie lebst Du Vereinbarkeit in einer Co-Elternschaft?

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In meinem heutigen Interview ist Jennifer zu Gast. Auf Ihrem Blog planningmathilda schreibt sie über ihr Wunschkind und darüber, wie sich Ihr Alltag mit dem Co-Vater der gemeinsamen Tochter gestaltet. Und einen kleinen Einblick, wie eine Co-Elternschaft eigentlich aussieht, den gibt sie uns hier.

1. Erzählt doch mal, wer seid Ihr?

Ich heiße Jennifer, lebe in Berlin und meine Familie ist etwas anders als andere. Der Vater meiner Tochter wohnt natürlich ebenfalls in Berlin, wir haben uns über eine gemeinsame Kollegin kennengelernt. Ein Paar waren wir nie, haben aber als Freunde ein gemeinsames Kind. Co-Elternschaft nennt man diese Familienform. Unsere Tochter ist jetzt 3,5 Jahre alt und bis jetzt funktioniert unser Konzept für alle Beteiligten sehr gut.

2. Wie war Deine berufliche Situation bevor Du ein Kind bekommen bist?

Ich arbeite schon seit Anfang 20 als Flugbegleiterin. Ich liebe meinen Job, obwohl er wirklich so ganz anders ist als die meisten anderen. 9 to 5 gibt es bei uns nicht, unsere Pläne sind jeden Monat anders, viel Routine gibt es nicht. Dafür längere Flüge, da bin ich auch mal 5 Tage lang nicht zu Hause. Das empfinden viele als stressig auch meine Partner waren nicht immer begeistert. Ich persönlich finde dieses Leben wunderbar. Ich verdiene genug, dass ich gut über die Runden komme, selbst jetzt mit 50%iger Teilzeit. Und ich habe viel Freizeit, das war mir auch immer wichtig. 

3. Wann wusstest Du, dass Du Deine Tochter mit einem Co-Vater bekommen möchtest und was war der Auslöser dafür?  

Ich wollte unbedingt ein Kind, mein Partner nicht, deshalb haben wir uns getrennt, da war ich 34. Ich wollte dann einfach nicht mehr warten. Im Rechercheprozess zu einem Kind vom Samenspender habe ich zufällig das Konzept der Co-Elternschaft von einer Kollegin kennengelernt. Den Co-Vater lieferte mir sie mir gleich mit. Diese Chance habe ich ergriffen und nach ein paar Monaten des Kennenlernend war ich auch direkt schwanger.

4. Was ist für Dich der Unterschied zwischen alleinerziehend und getrennt erziehend?

Die Verantwortung. Die trägst du als Alleinerziehende komplett alleine. Auch ein Vater, der sich unzuverlässig alle paar Wochen mal kümmert, erleichtert das Leben dann nicht. Der gesamte Mental Load liegt bei einer Person. Da kommt niemand mal und nimmt das Kind mit, damit die Mutter mal so wichtig frei hat. Im Zweifel kommt nie jemand und die Mutter ist über Jahre komplett eingespannt.

Wir bezeichnen uns als getrennt erziehend, weil wir eben auch die Verantwortung teilen. Wir leben eine Art Wechselmodell, ich habe also auch mal mehrere Tage am Stück Kindfrei. Die Kleine ist dann gerne beim Papa und ich muss mir keine Gedanke machen, ob es ihr gut geht, sie ist ja bei einer von ihr geliebten Person. Ich habe richtig frei. Das ist ziemlich viel wert. Auch große Entscheidungen treffen wir gemeinsam.

5. Wie sieht das Vereinbarkeitsmodell zwischen Dir und dem Co-Vater Eurer Tochter aus?

Wir leben im Wechselmodell, nicht wöchentlich, das gibt unser Job nicht her, aber wir sprechen uns jeden Monat ab. Je nach Flugplan ist die Aufteilung 60:40 oder auch mal 70:30. Tendenziell ist sie mehr bei mir, ich arbeite nur 50%, ungefähr 10 Tage im Monat. Das war unser Deal, er zahlt mir Unterhalt, ich betreue mehr.

6. Wenn der Tag läuft wie geplant ist alles in Ordnung. Doch was ist, falls unvorhergesehene Ereignisse im Job- oder Familienleben die ganze Organisation zunichte machen. Hast Du dafür sowas ein Netzwerk, dass Dich unterstützt?

Meine Eltern leben in der Nähe von Berlin. Sollte alles schief laufen, dann springt meine Mutter ein. Das kommt eher selten vor, wir können unsere Flugpläne sehr gut abstimmen. Die Kleine war aber schon mehrmals übers Wochenende bei der Oma, sie kennt das also. Manchmal kommt meine Mutter auch in die Stadt und betreut die Kleine bei mir zum Beispiel, wenn ich zum Arzt muss. Bis jetzt klappt das alles wunderbar. Es wird sicher nochmal etwas herausfordernder, wenn das Kind in die Schule kommt. Ich habe aber mehrere Freundinnen mit Kindern im selben Alter die hoffentlich auch alle in eine Schule kommen. Da mein Kind übernachtungserprobt ist, bleibt sie sicher gerne auch mal eine Nacht bei Freunden.

7. Wie organisiert Ihr die Urlaubsplanung in Deiner Co-Elternschaft? Vor allem an Festen wie Weihnachten oder Ostern?

Wir machen einmal im Jahr einen gemeinsamen Familienurlaub. Ansonsten verreist mal der eine, dann der andere mit dem Kind, meist eher spontan. Mit Weihnachten haben wir ganz besonders Glück, denn Papas Eltern sind orthodox, das heisst, sie feiern Weihnachten am 6. Januar. So kommen wir uns nie in die Quere, an Heiligabend ist sie bei mir und meiner Familie, im Januar dann bei ihm. Das war für mich eins der größten Argumente bei der ‘Verhandlung’ zur Co-Elternschaft. Alle anderen Feste sind weder ihm noch mir wichtig, wir sind nicht religiös. Den Geburtstag der Kleinen feiern wir alle zusammen mit beiden Familien.

8. Womit hast Du so überhaupt nicht gerechnet, bevor Du Mutter geworden seid?

Was eine Mutter alles leisten kann. Klar ich komme auch an meine Grenzen, aber ich hätte nie gedacht, dass ich z.B. mit so wenig Schlaf auskommen kann. Oder es so gut ertrage, dass immer jemand da ist. Immer. Das war für mich die größte Umstellung.

9. Wie räumst Du Dir in der Co-Elternschaft Zeit für Dich ein und achtest auch auf Deine eigenen Bedürfnisse? 

Wenn ich mein Leben mit dem meiner Freundinnen vergleiche, dann finde ich, es geht mir ziemlich gut. Ich habe regelmäßig frei, mehrere Tage sogar. Klar, in denen muss ich auch arbeiten, aber ich liebe meinen Job sehr und ein Flug irgendwohin in die Sonne mit ein oder zwei Tagen frei vor Ort ist jetzt nicht wirklich harte Arbeit für mich. Ich habe aber auch mal so einfach 3 Tage komplett für mich alleine. In meiner Wohnung, ohne Kind, ohne die Sorge um sie. Ich empfinde das als ziemlichen Luxus. So haben das so manche Frauen mit Partner jahrelang nicht. Ich bin also glücklicherweise in einer recht gleichberechtigten Elternschaft gelandet. Ich war das letzte Jahr in einer neuen Partnerschaft, für die konnte ich mir auch mal Exklusivzeit nehmen. Das konnte ich sehr genießen, auch wenn die Beziehung nicht gehalten hat.

10. Wenn Du einen Wunsch frei hättest, was müsste sich ändern, um das Miteinander aus Familie und Beruf noch besser hinzubekommen?

Bei mir bin ich ziemlich zufrieden, ich habe viele Freiheiten, die andere Mamas nicht haben. Ich finde, es ist dringend an der Zeit, dass die Care-Arbeit viel besser gesehen und auch entlohnt wird. Ja, ich arbeite auch Teilzeit, lege aber den Unterhalt in meine Rentenversicherung weg, das haben wir so abgesprochen. Viele Frauen arbeiten so lange Teilzeit, ohne daran zu denken, was das für die Rente bedeutet. Darüber wird für meinen Geschmack gerade in Beziehungen viel zu wenig gesprochen, geschweige denn, das Geld fair verteilt. Hier muss sich noch so einiges ändern. Auch die Einstellung der Frauen, sie müssten viel mehr fordern, verhandeln, vertraglich festlegen. Am besten wäre natürlich eine viel gerechtere Verteilung der Kinderpflege, Männer können das ja genauso gut. Auch ein Mann kann aus dem Meeting springen, weil das kranke Kind aus der Kita abgeholt werden muss, das ist kein Exklusivrecht.

 


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Photocredit: Jennifer

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