Work & Family Interview Serie

Marc: Wie lebt Ihr Familie und Beruf?

 

Werbung // unbezahlt und unbeauftragt

Diesmal freue ich mich sehr, Marc als Gast in der Work & Family Interviewserie zu haben. Auf @daddy_in.sta schreibt der 2-fache Papa in Elternzeit über sein Familienleben und bedürfnisorientierte Elternschaft.

1. Erzähl doch mal, wer und wie viele seid Ihr in Eurer Familie?

Also da wären meine Frau Nadine, unser Sohn Phil (3 Jahre) unsere Jüngste Lynn (1Jahr) und meine Wenigkeit, Marc. Meine Frau und ich sind seit nunmehr 14 Jahren ein Paar und seit etwa 2 Jahren verheiratet. Meine Frau ist selbständig von zu Hause aus tätig und verkauft online eigens handgearbeitete Mode- und Wohnaccessoires. Ich bin als Personalreferent bei einem großen Automobilzulieferer beschäftigt.

2. Wie sah Eure berufliche Situation aus bevor Ihr Eure Kinder bekommen habt? Was hat sich seitdem verändert?

Als wir noch kinderlos waren, arbeiteten meine Frau und ich in Vollzeit. Sie als Selbständige und ich als angestellter Personalreferent. Vollzeit bedeutete für uns jeweils mindestens eine 40 Stunden-Woche.

Seit wir Kinder haben, hat sich unser Leben komplett verändert. Alles dreht sich um den Nachwuchs. Sämtliche beruflichen wie privaten Überlegungen, Planungen und Entscheidungen, erwägen wir nun in einem neuen Kontext der Elternschaft. Wir sind nicht mehr nur allein für uns selbst verantwortlich. Elterliche Selbstbestimmung, Flexibilität und Spontanität treten (zunächst) in den Hintergrund. Das ist manchmal nicht so einfach. Aber unsere Kinder geben uns wiederum so viel Positives, so viel Freude, Liebe und Glück zurück, was alles andere überwiegt.

Als unser Sohn geboren wurde, nahm ich das erste Lebensjahr Elternzeit in Anspruch. Meine Frau fing kurze Zeit nach ihrem Mutterschutz wieder an zu arbeiten, wobei sie den Arbeitszeitumfang erst nach und nach erhöhte, bis sich dieser bei etwa 30 bis 35 Stunden pro Woche einpendelte. Aufgrund ihrer Selbständigkeit hatten wir trotzdem recht viel gemeinsame Zeit mit unserem Sohn. In meiner aktuellen Elternzeit für unsere Tochter arbeiten meine Frau und ich sozusagen 50/50. Dadurch habe auch ich die Möglichkeit, das ein oder andere nebenberufliche wie private Herzensprojekt angehen zu können.

3. Für welches Familienmodell und Arbeitsmodell habt Ihr Euch entschieden und warum?

Meine Frau und ich wünschen uns ein paritätisches Familien- und Arbeitsmodell. Wir möchten beide die Kinder aufwachsen sehen und sie auf ihrem Lebensweg begleiten. Ebenso ist es uns beiden wichtig, in gewissem Maße weiterhin beruflich tätig sein zu können. Den Haushalt „schmeißen“ wir ohnehin seit jeher gemeinsam und gleichverantwortlich. Wir möchten dieses Familien- und Arbeitsmodell auch in Zukunft leben. Daher werde ich nach meiner Elternzeit zunächst in Teilzeit (25 Stunden pro Woche) in meinen Job als Personaler zurückkehren.

4. Wie organisiert Ihr aktuell Euer Familienmodell? Wie gestalten sich Arbeitszeiten, Aufgabenverteilungen und Verantwortlichkeiten?

In meiner aktuellen Elternzeit ist es so, dass meine Frau und ich tageweise abwechselnd arbeiten. Genau genommen geht sie ihrer Selbständigkeit nach und ich feile an meiner Lebensvision. D.h. ich beschäftige mich zurzeit damit herauszufinden, was ich wirklich will und wie ich es bekomme, um ein nachhaltig erfülltes Leben führen zu können. Ich bin mit meiner Selbstfindung noch nicht ganz  am Ende, aber das Thema „Bedürfnis- bzw. Bindungsorientierte Elternschaft“ ist eines, wofür ich sehr brenne und welches mir sehr am Herzen liegt. Es könnte definitiv ein Thema sein, dem ich mich künftig gerne stärker widmen und welches ich gerne weiter in die Gesellschaft  tragen würde.

Fakt ist, dass mein Job als Personaler lediglich nur eine Station in meinem Leben sein soll. Fakt ist aber auch, dass ich nach meiner Elternzeit erst einmal in eben diesen Beruf zurückkehre. Dann wird es so sein, dass ich von Montag bis Freitag jeweils morgens fünf Stunden arbeite, während meine Frau unsere Kinder betreut. Was den Haushalt betrifft, „wuppen“ wir diesen wie gesagt gemeinsam, was nicht bedeutet, dass jeder alles macht. Wir haben (die meisten) Tätigkeiten unter uns aufgeteilt. Bspw. bügelt meine Frau, wischt Staub und putzt die Fenster. Dafür räume ich den Müll raus, staubsauge und fahre (meistens) einkaufen. Bei anderen Dingen, wie etwa beim Wäschewaschen oder Spülmaschine ein- bzw. ausräumen, wechseln wir uns ab. Mit dieser Aufgabenteilung fahren wir im Moment sehr gut, wenngleich meiner Frau und mir bewusst ist, dass, würden wir uns wirklich einmal sämtliche im Alltag zu erledigenden Einzelaufgaben vor Augen führen, der sogenannte Mental Load (immer noch) nicht bei 50/50, sondern etwa im Verhältnis 60/40 „zu Gunsten“ meiner Frau steht.

5. Du beschreibst Dich selbst als stolzen Vollzeit-Papa. Wie erlebst Du dieseRolle in der Gesellschaft?

Durchaus positiv. Was mich persönlich betrifft, so habe ich als Vollzeit-Papa viel Zuspruch erhalten – insbesondere von den Frauen und Müttern. Die Männer in meinem Umfeld fanden es auch interessant und mutig. Insgesamt waren sie mir bzw. der Rolle gegenüber recht neutral. Es gab nur wenige amüsante Sprüche mancher männlicher Arbeitskollegen und Fußballkameraden. Einer meinte, er hätte auch mal gerne ein Jahr lang bezahlten Erholungsurlaub. Ein anderer Spruch, an den ich mich erinnere war: „Wie cool. Elternzeit würde ich auch machen. Dann würde ich jeden Tag den ganzen Tag angeln gehen.“ Zu keinem Zeitpunkt aber wurde mir die Rolle als Vollzeit-Papa von irgendjemandem (gar in negativer bzw. bösartiger Weise) aberkannt.

In der Gesellschaft nehme ich wahr, dass sich immer mehr Väter mehr Zeit für den Nachwuchs nehmen möchten. Und immer mehr Frauen wünschen sich das auch, denn auch sie profitieren davon. Viele der Väter nutzen daher schon die Möglichkeit der sogenannten Vätermonate. Das erlebe ich bspw. auch in dem Unternehmen, in dem ich arbeite, da ich als Personaler die Elternzeitanträge auf den Tisch bekomme.

In den (sozialen) Medien beobachtet man durchaus die Tendenz einer Auszeit über die zwei Vätermonate hinaus, bspw. für ein halbes oder ein ganzes Jahr. Zudem entscheiden sich immer mehr Familien für ein paritätisches Familien- und Arbeitsmodell nach der Elternzeit. Ich wünsche mir, dass sich in ein paar Jahren die Anzahl der Väter, die Elternzeit nehmen, noch deutlich erhöht und dass es sich dadurch nicht mehr automatisch am Geschlecht festmachen lässt, wer für die Kinderbetreuung „zuständig“ ist. Denn ich glaube, wenn mehr Männer Elternzeit einfordern würden, wäre die Arbeitswelt gerechter. Nur ein Aspekt: Wenn sowohl männliche als auch weibliche Beschäftigte das Risiko bergen, für Kinder zeitweise aus dem Job auszusteigen, würde das Geschlecht als vermeintliches Einstellungskriterium an Bedeutung verlieren.

6. Solange der Tag verläuft wie geplant ist alles in Ordnung. Doch was ist, ganze Organisation zunichte machen. Gibt es dafür einen Plan B oder ein Notfallnetzwerk?

Wir haben das Glück, dass unsere Eltern und Schwiegereltern ganz in der Nähe wohnen und sie sowohl die Zeit als auch die Muße haben, sich hin und wieder um unsere Kinder zu kümmern. Dadurch haben wir auch in Situationen, in denen es nicht nach Plan läuft, öfter mal die Option auf die Großeltern zurück zu greifen. Sollten diese einmal nicht verfügbar sein, haben wir den günstigen Umstand, dass meine Frau von zu Hause aus arbeitet. So kann sie im Bedarfsfalle die Betreuung der Kinder übernehmen und ihre Arbeit etwas shiften. Ist dies meiner Frau aus irgendeinem Grund nicht möglich, nehme ich nach kurzfristiger Rücksprache mit meinem Arbeitgeber entweder Urlaub oder baue etwaig angefallene Überstunden ab. Ich habe aber auch grundsätzlich die Möglichkeit, in einem gewissen Rahmen im Home Office zu arbeiten, sollte auch ich Aufgaben oder wichtige Telefonate nicht kurzfristig verschieben können.

7. Bleibt aktuell in Eurem Familienmodell Zeit für Eure persönlichen Bedürfnisse als Eltern? Und wenn ja, wann?

Unsere elterlichen Bedürfnisse standen lange, hinter dem Beruf, der Kinderbetreuung und dem Haushalt, nur auf Rang vier. Und das spürten meine Frau und ich eines Tages – körperlich wie mental. Wir merkten, dass wir das Thema Selbstfürsorge – zumindest von Zeit zu Zeit – auf die vorderen Plätze katapultieren müssen. Mittlerweile schaffen wir es, uns die eine oder andere Auszeit zu gönnen. Dann lesen wir gerne oder treiben Sport. Unser Großer verbringt auch gerne schon mal einen Tag am Wochenende bei den Großeltern – mal mit, mal ohne Übernachtung und Frühstück.

Wenn sich auch unsere Tochter irgendwann an die Großeltern gewöhnt hat und sie sodann hin und wieder für einige Stunden bei ihnen spielen können wird, haben meine Frau und ich auch mal wieder die Gelegenheit, gemütlich essen oder ins Kino zu gehen. Was wir in Absprache mit den Großeltern bald vorhaben, ist, dass sich meine Frau und ich alle 6 Wochen im Wechsel ein Wochenende „frei nehmen“ und der jeweils andere Elternteil die Zeit mit den Kids bei den Großeltern verbringt. Denn neben der Familienzeit ist meiner Frau und mir nicht nur die Zweisamkeit, sondern jedem von uns zwischendurch auch mal die Einsamkeit wichtig. 

8. Was würdest Du sagen ist aktuell für Euch die größte Herausforderung bei der Vereinbarung von Familie und Beruf?

Die derzeit größte Herausforderung für uns, ist die Gegebenheit, dass wir aufgrund der Selbständigkeit meiner Frau und meiner Elternzeit, beide von zu Hause aus arbeiten bzw. unseren Herzensprojekten nachgehen (können). „Home Office“ hört sich immer toll an, aber es erfordert höchste Selbstdisziplin und Fokussierung. Zum einen ist es per se der innere Schweinehund, den du ein ums andere Mal besiegen musst; es gibt keinen Vorgesetzten, der dich zur Arbeit zitiert. Zum anderen fordern uns unsere Kinder aktuell sehr. Phil ist voll in seiner Autonomiephase und ein sehr willens- und gefühlsstarkes Kind.

Lynn braucht permanent unsere Nähe und fordert diese auch vehement ein. Beides ist an sich nichts Außergewöhnliches, aber wenn man von zu Hause aus arbeitet, bekommt der jeweils Arbeitende jedes Mal mit, wenn der andere Elternteil durch die Kinder im höchsten Maße gefordert ist. Da fällt es einem manchmal schwer, sich der Arbeit zu widmen. Dann unterstützen wir uns tendenziell gegenseitig in der Kinderbetreuung, vernachlässigen allerdings dadurch unsere Arbeit bzw. müssen diese wann anders erledigen.

9. Womit hast Du so gar nicht gerechnet bevor Du Vater geworden bist?

Mit zwei Dingen: Ich habe ich nicht gewusst, dass das Vatersein so anstrengend sein könnte. Es ist meiner Meinung nach eines der anspruchsvollsten „Ehrenämter“, die es gibt. An manchen Tagen war bzw. bin ich so gefordert, dass ich mich in meinen Bürojob zurück wünsch(t)e. Als Vollzeit-Vater wurde mir klar, dass die Gefahr eines Burnout nicht nur im Berufsleben besteht. Auf der anderen Seite hätte ich nicht gedacht, dass man Kinder so sehr lieben kann. Es ist eine unendliche, tiefgründige und innig verbundene Liebe.

10. Hast Du Tipps, Apps oder Tools, die Du anderen Eltern empfehlen kannst, um den Alltag aus Familie und Beruf gut zu organisieren?

Aus den bisherigen Erfahrungen, die ich als Papa machen durfte, würde ich die folgenden Empfehlungen ableiten und an (werdende) Eltern geben wollen.

Als wichtiges Fundament erachte ich eine gute Kommunikation, sprich ein stetiger, konstruktiver und gleichberechtigter Austausch zwischen den Eltern hinsichtlich ihrer Vorstellungen über das Arbeits- und Familienmodell, das sie gemeinsam leben möchten. Das bedeutet, bestenfalls schon bei der Kinderplanung darüber zu sprechen, wer wann für was verantwortlich ist, und zwar gleichermaßen die Bereiche Arbeit, Kinderbetreuung / -erziehung, Haushalt und self-care betreffend. Das schafft in meinen Augen Klarheit, Akzeptanz und Planungssicherheit.

Weil es manchmal gar nicht so leicht ist, sämtliche Bereiche unter einen Hut zu bekommen, haben meine Frau und ich lernen dürfen, Hilfen anzunehmen und uns Unterstützung zu holen. Dazu möchte ich auch andere Eltern ermutigen und ihnen sagen, dass dies keine Schande ist und nichts mit Versagen zu tun hat. Das können bspw. die Großeltern, Freunde, die Nachbarn, ein/e Tagesvater/Tagesmutter, eine Haushaltshilfe, das Outsourcen von Haushaltsarbeiten an Dienstleister, ein Staubsauger- oder Rasenmähroboter, eine App, ein Coach, ein/e Therapeut/in oder jede andere denkbare Form der Unterstützung sein.

Abschließend möchte ich allen (werdenden) Eltern zwei mir wichtige Punkte ans Herz legen. Erstens, dass sie sich grundlegend damit auseinandersetzen, wie Babys und Kinder „ticken“, d. h. warum sie sich in welchem Alter wie verhalten. Diesbezüglich gibt es heute einen größeren Schatz an Erfahrungswerten, detailliertere Informationen durch das Internet, mehr (Langzeit-)Studien und einen größeren Fundus an wissenschaftlichen Erkenntnissen, bspw. aus den Bereichen Neurologie,  Erziehung bzw. Beziehung, Bindung und Psychologie. Die (weibliche) Intuition und das eigene Bauchgefühl sind zweifelsohne ein wichtiger und hilfreicher innerer Kompass. Es kann jedoch sein, dass dieser nicht richtig funktioniert, da „wir“ eventuell (negative) Prägungen bzw. Glaubenssätze und selbstgemachte Erfahrungen aus der eigenen Kindheit in uns tragen, welche tief in uns verankert sind, so dass wir als Eltern unbewusst, quasi „automatisch“ danach erziehen, ohne unser Handeln in irgend einer Form zu hinterfragen bzw. zu reflektieren.

Letzter Satz leitet über zum zweiten Punkt, der aus meiner Sicht essentiell ist. Ich möchte Eltern ans Herz legen, sich nicht nur mit Erziehungsfragen zu beschäftigen, sondern allem voran sich auch mit sich selbst auseinander zu setzen und sich die Fragen zu beantworten: Wer und wie bin ich? Warum bin ich der, der ich bin? Wer und wie will ich sein? Denn nur, wer sein eigenes inneres Selbst kennt, kann aus diesem heraus frei und selbstbestimmt entscheiden, wie er erziehen bzw. in welcher Beziehung er zu seinen Kindern leben möchte.

11. Wenn Du einen Wunsch frei hättest, was müsste sich ändern, um das Miteinander aus Familie und Beruf noch besser hinzubekommen?

 Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir die Gewissheit wünschen, dass mein Vorhaben, sich selbständig zu machen, gelingt. Da mir diese jedoch niemand geben kann, wünsche ich mir stattdessen, irgendwann an mich selbst zu glauben und den Mut sowie die Entschlossenheit zu haben, den Schritt zu wagen, um meiner Lebensvision zu folgen.


Hast Du DEIN passendes Familien- und Arbeitsmodell schon gefunden? Nein? Dann schau doch mal bei meinem Coaching-Angebot vorbei. Gemeinsam finden wir sicher DEINEN Weg.

Vorheriger Beitrag
Sascha: Wie sieht bei Euch Vereinbarkeit im Alltag aus?
Nächster Beitrag
Natalie: Wie vereinbarst Du Kind und Vollzeit-Job?
Es wurden keine Ergebnisse gefunden, die deinen Suchkriterien entsprechen.
error: Content is protected !!